Ein Problem ist das schon: Vierhundert Schüler, die mit dem Pausengong auf den Schulhof rennen und dann allesamt möglichst nicht nach oben schauen sollen, obwohl dort etwas ganz Spannendes passiert. Eine teilweise Sonnenfinsternis, die in der Art erst im Jahr 2026 wieder zu sehen ist. Ein Blick hinauf ohne Spezialbrille kann aber die Augen schädigen. Daher werden wohl die meisten Starnberger Grundschüler das seltene Himmelsspektakel verpassen. Das hat die Rektorin Sonja Bode-Schumann vorsichtshalber so beschlossen. Mit dieser rigiden Lösung ist sie nicht allein. Andere Schulen im Fünfseenland haben andere Lösungen gefunden, zum Teil ganz kreative.
Manche Schulleiter sind verunsichert und wissen nicht recht, welches Risiko sie eingehen können, was sie erlauben, was sie verbieten sollen. Schließlich ist ein Blick direkt in die Sonne gefährlich und "kann die Netzhaut in kürzester Zeit so schädigen, dass das Sehvermögen bleibend eingeschränkt wird oder sogar vollends verloren geht", warnt auch das Bundesamt für Strahlenschutz. Dieser Gefahr können Schulleiter die Kinder natürlich nicht aussetzen und sind lieber vorsichtig. Das empfiehlt auch das Starnberger Schulamt, das am Mittwoch einen entsprechenden Rundbrief verschickt hat.
Die Starnberger Rektorin Bode-Schuhmann teilt in einem Rundbrief an die Eltern mit: "Zum Schutz des Augenlichts der Kinder werden wir beide Pausen im Schulhaus abhalten." Wenn ein Kind schon um 11.20 Uhr Unterrichtsschluss hat, sollten es die Eltern abholen, mit einer Spezialbrille ausstatten oder genau instruieren, dass es auf dem Heimweg nicht in die Sonne schauen darf. Das ist das eine Extrem.
Ganz anders geht das Gilchinger Gymnasium vor. Physiklehrer Wolfgang Viser, ein promovierter Astrophysiker, sieht in dem Ereignis am Freitag eine wunderbare Gelegenheit, den Schülern ein beeindruckendes Phänomen zu zeigen und zu erläutern. "Live dabei zu sein, ist immer besser", findet er und bereitet zusammen mit Kollegen ein regelrechtes Sofi-Happening am Christoph-Probst-Gymnasium vor. 150 Brillen sind schon bestellt, nun hofft er, dass sie auch noch rechtzeitig ankommen. Sie reichen bei weitem nicht für alle Schüler, aber es ist ja genügend Zeit, damit sie nach und nach gruppenweise in den Pausenhof kommen, um zu beobachten, wie sich der Mond zwischen Erde und Sonne schiebt und dann weiterwandert. "Da kann man mal den Unterschied zwischen Mondphasen und Finsternis erklären", freut sich Viser, "es kommt ja immer noch manchmal durcheinander, was sich da eigentlich um was dreht." Darum ist auch die Fachschaft Geografie beteiligt. Die Sammelbestellung Sofi-Brillen ist nicht alles, was am Gilchinger Gymnasium läuft. Im Pausenhof sollen auch ein Teleskop und ein Projektionsschirm aufgebaut werden. Zugleich soll in der Aula ein Livestream von der totalen Sonnenfinsternis gezeigt werden, wie sie von den Faröer-Inseln aus zu sehen ist; in Bayern ist es ja nur eine partielle Finsternis.
Gerade noch rechtzeitig ist am Mittwochvormittag ein Klassensatz Sofi-Brillen in der Stockdorfer Grundschule eingetroffen, freut sich die Rektorin Heike Beuschlein. Günther Schöll aus Gauting, der eigentlich Kaleidoskope baut und verkauft, hat die Lieferung selbst gebracht, nachdem sich eine Lehrerin an ihn gewandt hatte. Bei einem Fachhandel in Krailling hatte Schöll noch 200 Stück ergattert, "das waren dann aber auch die letzten", glaubt er.
Auch die Mittelschule Gauting hat vor, ihre Schüler mit Sichtschutz auszustatten. Hierzu hätte die Schule 50 Paar verdunkelte Brillengläser besorgt, welche die Schüler dann gruppenweise verwenden könnten, erklärt Rektor Udo Wiese. Allerdings herrsche noch Verunsicherung, "inwiefern diese auch vor den Wärmestrahlen schützen"; demnach ist die Anwendung noch keine beschlossene Sache. In einem Elternbrief sei darüber hinaus bereits auf die Gefahren für das Sehvermögen hingewiesen worden. Ob die Schüler während der Sonnenfinsternis zumindest auf den Teil des Pausenhofs dürften, der von der Sonne nicht erreicht wird, wurde am Dienstag dem Schulleiter zufolge noch vom Kollegium diskutiert.
Eine Live-Übertragung im Atrium plant die Herrschinger Realschule. Direktorin Rita Menzel-Stuck ist ansonsten das Risiko zu groß, dass es zu Augenschäden kommt, wenn sie die Schüler ins Freie lässt. Per Lautsprecherdurchsage hat sie aber die Schüler schon vor den Gefahren durch das Sonnenlicht gewarnt, am Mittwoch wollte sie deswegen noch ein Rundschreiben an die Eltern verschicken. Die Lehrerkonferenz hat sich für die rigide Lösung entschieden, dass die Schüler drin bleiben müssen. Alle bis auf eine Klasse. Für die Fünfklässler hat die Lehrerin schon Brillen besorgt.
An der Realschule und am Gymnasium in Gauting sollten die Kinder möglichst selbst ihre Brillen mitbringen. Trotz voller Stundenpläne solle den Schülern des Otto-von-Taube-Gymnasiums Gauting ermöglicht werden, die Sonnenfinsternis im Freien zu beobachten, erklärt Schulleiterin Sylke Wischnevsky. Darum habe der Physikfachberater der Schule in einem Brief an das Kollegium gebeten. Allerdings müssten sich die Schüler selbständig um Sonnenfinsternisbrillen kümmern. Sollten nicht genügend Brillen zur Verfügung stehen, könnten sich die Schüler mit der Betrachtung des Naturspektakels abwechseln.
Ähnlich wird das Ereignis in der Realschule Gauting gehandhabt. "Diejenigen Schüler, die eine Sonnenfinsternisbrille haben, können selbstverständlich zum Beobachten nach draußen gehen", sagt Rektor Manfred Jahreis. Doch auch Schüler ohne Sichtschutz müssen nicht ganz auf das Spektakel verzichten: Sie könnten sich die Live-Übertragung der partiellen Sonnenfinsternis stattdessen im Internet anschauen.