Starnberg:Motorfräsen zerstückeln Frösche und Larven

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Der Maschineneinsatz beim Räumen von Gräben empört Naturschützer.

Armin Greune

Ohne Rücksicht auf überwinternde Tiere sind in der Gemeinde Berg zahlreiche Gräben mit Motorfräsen geräumt worden. Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt sind entsetzt über die Art des Vorgehens und prüfen derzeit, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Das Ausmaß des ökologischen Desasters in den Futterwiesen um Farchach, Höhenrain und Biberkor schätzt der Berger Naturschützer Gerd Jäger auf eine Gesamtlänge von fünf bis zehn Kilometer. Bei dem Maschineneinsatz wurden Molche, Frösche, kleine Säugetiere und Libellenlarven, die dort in Winterstarre auf den Frühling warteten, zerhäckselt; Jäger fand im Auswurf am Grabenrand sogar einen Reiherflügel.

Gerd Jäger neben einem der seiner Meinung nach maschinell zu massiv und schnell ausgehobenen Entwässerungsgräben. Foto: Fuchs (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auf seinen Hinweis hin untersuchten - vorsorglich in Polizeibegleitung - drei Mitarbeiter des Landratsamts zwei Stunden lang den Flurschaden: "Wir konnten uns einen groben Überblick verschaffen und sind über die Dimensionen schon erschrocken", sagt Sachbearbeiter Jürgen Drefahl. Schon lange ist bekannt, dass mit dem Fräseneinsatz in wasserführenden Gräben zahlreiche geschützte Tiere getötet werden - seit 1998 ist er deshalb generell verboten. Bislang mussten Landwirte Ausnahmegenehmigungen beantragen und dafür etwa mit einem Gutachten nachweisen, dass durch die Fräsenräumung keine erheblichen Schäden für den Naturhaushalt eintreten. Doch im März 2010 hat eine Novellierung der Naturschutzgesetze die Wirksamkeit der Regelung ausgehöhlt. Nun entfällt die Erlaubnis- und Nachweispflicht unter bestimmten Voraussetzungen: Wenn im Zeitraum vom 1. Oktober bis 15. Februar "kürzere" Graben-Abschnitte mit "geringer Drehzahl" der Fräsen geräumt werden.

Für die Behörden wird es mit diesen Bestimmungen sehr schwierig, einen Umweltfrevel konkret nachzuweisen. Weil die Erde teilweise bis zu zehn Meter weit aus den Gräben geschleudert wurde, sei eher von einer hohen Umdrehungszahl der Fräse auszugehen, meint Drefahl. Ob aber ein Bußgeldbescheid vor Gericht Bestand habe, sei kaum abzuschätzen.

Er beklagt, dass eine eigentlich bewährte Gesetzgebung ohne Not geändert wurde: "Viele Landwirte hatten in einem mühsamen Prozess nach Jahren die Einschränkungen akzeptiert." Die Gräben wurden überwiegend mit dem Bagger freigeräumt oder von Hand ausgeschachtet, obwohl dies teurer ist. Wenn doch Fräsen zum Einsatz kamen, wurden die Gräben damit nur halbseitig oder in jährlichen Abschnitten geräumt: So kamen nur Teile der Populationen um und sie konnten sich über den Sommer regenerieren. In der Berger Flur aber ist jetzt nach dem Kahlschlagverfahren vorgegangen worden.

Jäger und Drefahl haben durchaus Verständnis für die wirtschaftlichen Zwänge, denen die Landwirte bei der Bearbeitung ihres Grünlands unterliegen. Ohne die Räumung der Gräben zur Entwässerung ihrer Wiesen verarme auch die Natur, denn diese Lebensadern in der Kulturlandschaft würden verlanden. Die letzten Rückzugsräume nach dem Verlust der großen Feuchtgebiete gingen also auch noch für geschützte Tiere und Pflanzen verloren. Die Novellierung des Naturschutzgesetzes ist aus Sicht der Umweltschützer aber völlig kontraproduktiv. Selbst die Fristsetzung auf die Wintermonate lässt sich fachlich nicht rechtfertigen: Im Spätsommer oder Frühherbst müssten viel weniger Tiere sterben, weil sie noch vor der Fräse flüchten können.

© SZ vom 05.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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