Starnberg:Kostspielige Süße

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Die Honigpreise steigen um 30 Prozent - und das hat viele Gründe

Armin Greune

- In ganz Europa haben Imker heuer viel weniger Honig geschleudert als in den Vorjahren. Davon sind auch die Bienenzüchter im Fünfseenland betroffen, wie ihre Kollegen leiden auch ihre Völker an der Verarmung der Blütenvielfalt in der intensiv genutzten Kulturlandschaft und dem Einsatz von Beiz- und Spritzmitteln. Doch die Imker im Münchner Umland verzeichnen auch ein gesteigertes Qualitätsbewusstsein beim Verbraucher: "Die Prädikate Regional und Bio bringen immer noch gute Preise", sagt der Uttinger Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes. Er rechnet damit, dass der Honig um 30 Prozent teurer wird - denn die abgelaufene Saison sei "im Prinzip seit Imkergedenken das bescheidenste Jahr überhaupt" gewesen.

Bereits der Winter hatte Bienen und Imkern übel mitgespielt: Deutschlandweit wurde der Verlust auf 300 000 Bienenvölker geschätzt. Als Hauptursache wird oft die parasitäre Varroa-Milbe genannt. Doch Hederer verweist darauf, dass versierte Imker die Seuche etwa durch Einsatz von biologisch unbedenklichen, organischen Säuren in den Griff bekommen könnten. Der Milbenbefall sei immer ein Indiz für geschwächte Bienen, denen andere Faktoren zugesetzt hätten. An erster Stelle nennt Hederer den Einsatz von Nervengiften in Pflanzenschutzmitteln für die Landwirtschaft: "Einige Mittel sind 7000-fach giftiger als DDT. Nehmen Bienen sie über das von Pflanzen ausgeschiedene Wasser auf, wird der ganze Stock allmählich gelähmt." Hinzu komme der Rückgang an blühenden Wiesen, die als Äcker oder zur Gülleausbringung gebraucht werden. "Und die Vielfalt des Pollenangebots nimmt ständig ab", sagt Hederer. Mit der großflächigen Silagewirtschaft halte auch eine Mähtechnik Einzug, die Bienen kaum eine Chance lasse, ergänzt Hederers Seeshaupter Kollege Walter Haefeker. Deshalb haben die Imker gemeinsam mit Milchbauern gerade eine neue Zertifizierung für bienenfreundlich produzierte Milch ins Leben gerufen.

"Es war in fast allen Teilen Europas ein sehr schlechtes Honigjahr", sagt Haefeker, Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes. Der Verdacht, dass der Klimawandel auch die Bienen beeinträchtigt, läge nahe. Tatsächlich haben heuer das feuchte Frühjahr und andere Wetterkapriolen in vielen Regionen die Bienenentwicklung gehemmt - im Fünfseenland kamen die Imker mit einem blauen Auge davon, weil zur Linden- und Obstbaumblüte relativ günstiges Wetter herrschte. Der Waldhonig ist heuer "in ganz Bayern völlig ausgeblieben", sagt Hubert Dietrich, Vorsitzender des Bienenzuchtvereins Starnberg. Im Gegensatz zum Blütenhonig aus Nektar nehmen die Bienen an Bäumen den Honigtau auf, den Schild- und Rindenläuse produzieren. Dietrich meint, der kalte Februar 2012 habe neben Wespen und Schnecken auch die Läuse stark dezimiert. Jedenfalls hätten Messungen eindeutig ergeben, dass der wesentlich mineralstoffreichere Waldhoniganteil heuer gegen Null geht.

Dennoch kann Dietrich auch Positives vermelden: Nach Jahren der Nachwuchsprobleme wächst die Mitgliederzahl im Bienenzuchtverein wieder, derzeit sind es 208, jährlich kommen etwa zehn neue Hobbyimker hinzu. Auch die professionellen Kollegen verzeichnen steigendes Interesse. Kurse an der Landsberger Imkerschule sind um ein Vielfaches besser besucht als vor zehn Jahren, weiß Hederer. Und Haefeker spricht "von einer Renaissance der Imkerei in den Städten" - schließlich sei dort das Blütenangebot vielfältiger als in den ländlichen Agrarwüsten.

© SZ vom 06.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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