Starnberger Kita:Erzieherin von 3000 Kindern

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Sibylle Giuffredi geht als Leiterin des Maria-Kempter-Kindergartens nach 42 Jahren in den Ruhestand.

Von Sofie Henghuber, Starnberg

Draußen zieht eine dunkle Wolkenfront auf, drinnen ist es drückend voll, Kinder wuseln um die Beine eng aneinander stehender Erwachsener. Die Kleinen spielen verstecken, fangen oder sitzen schreiend im Kinderwagen. Andere würden jetzt vielleicht ihre Nerven verlieren. Nicht aber Sibylle Giuffredi, Leiterin dieses Hauses. Jeden, der in den Maria-Kempter-Kindergarten gekommen ist, begrüßt sie persönlich und oft mit vollem Namen, allen lächelt sie strahlend zu.

Es ist ihr letzter Tag als Chefin, an diesem Freitag wird die gute Seele des Hauses in den Ruhestand verabschiedet. Umringt von 250 Gästen steht sie in dem festlich dekorierten Raum. Die Stadt Starnberg spendiert zum Dank für ihr Lebenswerk Punsch, Bratwürste und Waffeln.

"Ab heute habe ich für mein Leben genau keinen Plan mehr", sagt die 65-jährige. 42 Jahre lang, und damit den Großteil ihres Berufslebens, war sie im Söckinger Kindergarten tätig: zunächst als Praktikantin, dann als Erzieherin, später als Einrichtungsleiterin. In ihrem Arbeitsleben hat sie mehr als 3000 Kinder begleitet - viele bereits in zweiter Generation.

Da verwundert es nicht, dass ein paar Müttern und Vätern während der Rede von Nina Firnkäs die Augen feucht werden. Firnkäs erzählt, sie sei als kleines Mädchen selbst von Giuffredi betreut worden, nun ihre Kinder. Mit der Hingabe und Leidenschaft der Leiterin sei die Einrichtung aufgeblüht. Jedes Jahr gibt es ein eigenes Motto, nach dem das Programm aufgebaut ist, heuer ist es "Himmlisches Vergnügen". In ihrer Rede sagt die Mutter an die Kindergärtnerin gewandt: "Überall war deine Anwesenheit zu spüren: in deiner wöchentlich wechselnden Blumendekoration, dem Menü des Kinderrestaurants oder der Malerei an den Wänden".

In den Reihen der Zuhörer steht auch Katrin Paetsch, ehemals Kindergartenkind und Mitarbeiterin. "Katrinchen" ruft sie die Chefin - sie hat für viele einen Kosenamen. "Sibylle ist eine charismatische und starke Frau mit einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik. Sie hat für alles ein Konzept und hat immer neue Dinge ausprobiert", sagt Paetsch. Als Dank steht sie nun gemeinsam mit ihrer Tochter Carlotta, auch bis 2014 unter Giuffredis Obhut, am Grill eines der Stände. "Wir haben absolut keine Angst, dass ihr künftig langweilig sein wird", sagt die Mutter von Carlotta mit einem verschmitzten Grinsen.

Getrieben von der patenten Leiterin unterliegt das Kinderhaus ständigem Wandel. Denn Giuffredis Credo lautet: "Ein Kindergarten darf nie stehen bleiben, er muss sich ständig weiter entwickeln." 2003 wird die Tageseinrichtung zum Modellkindergarten des bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans. Nach einem Brand im Jahr 2014 wird das Haus erneuert - natürlich unter der Regie der Starnbergerin. Auch eine Küche wird eingerichtet, um den Kindern frisch Gekochtes zu bieten. Zudem werden zwei Nachmittagsgruppen für berufstätige Eltern ins Leben gerufen.

Giuffredis Liebe für überraschende Details zeigt sich auch in ihrem Abschiedsgeschenk - einem von ihr selbst gestalteten Kinderbuch mit dem Titel "Grüß mir den Mond". Die Geschichte handelt davon, was nachts im Kindergarten passiert (alle Söckinger Tierkinder kommen zu Besuch). Auf jeder Seite hat sich die Leiterin als Wolke versteckt. Hoffentlich ist die ein oder andere Wolke auch künftig über Söckingzu sehen.

© SZ vom 14.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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