Kreishaushalt:Am Limit

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111 Millionen Euro Schulden wird der Landkreis in vier Jahren aufweisen. Das ist Rekord. Dennoch wollen Landrat Karl Roth und die Kreisräte alle anstehenden Schul- und Klinikprojekte umsetzen

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Der Landkreis Starnberg geht an seine finanzielle Leistungsfähigkeit. Das wurde am Donnerstag in der gemeinsamen Sitzung des Haushalts- und Kreisausschusses deutlich, als Kreiskämmerer Stefan Pilgram die Kosten aller Projekte, die der Landkreis in den nächsten Jahren stemmen möchte, auflistete. Die Freien Wähler hatten in einem Antrag einen finanziellen Überblick gefordert, da viele Kreisräte inzwischen den Überblick verloren hatten. Bekanntlich will man nicht nur eine Fachoberschule in Starnberg (30 Millionen Euro) und ein Herrschinger Gymnasium (40 Millionen) bauen, sondern auch das Landratsamt (14,8 Millionen) erweitern, die Klinik Seefeld (21,5 Millionen) übernehmen und Flüchtlingsunterkünfte (20 Millionen) errichten und mehr Wohnungen und mehr Pflegeplätze schaffen. Das geht ins Geld und ist zum großen Teil nur mit Darlehen zu finanzieren. Die Summe brachte viele Mitglieder der beiden Gremien ins Grübeln: In vier Jahren, also 2020, wird der Schuldenstand bei etwa 111 Millionen Euro liegen. Das ist Rekord. Nur 4,6 Millionen Euro betrug er Ende 2015. Nicht nur für die Freien Wähler (FW) war dieser "Schuldensprung" bedenklich. Bernhard Sontheim meinte: "Mir wird ein bisschen Angst und Bange." Er sah die Gefahr, dass der Landkreis mittelfristig kaum mehr handlungsfähig sei. Auch bei der CSU gab es Bedenken, vor allem die Riege der Bürgermeisterinnen aus dem Würmtal zeigte sich von den enormen Ausgaben wenig angetan. Christine Borst, Kraillinger Bürgermeisterin, wunderte sich: "Wenn wir so einen Haushalt bei der Kommunalaufsicht im Landratamt einreichen, würde er nicht genehmigt werden." Sie drohte sogar in Richtung Landrat Karl Roth: "Ich kann dem nur zustimmen, wenn sich an der Genehmigungspraxis der Gemeindehaushalte durch die Aufsicht etwas ändert." Auch Brigitte Kössinger, Gautinger Gemeindechefin, stellte das Gebaren der Kommunalaufsicht infrage. In anderen Landkreisen würde dies anders gehandhabt.

Matthias Vilsmayer von den Freien Wähler möchte das Herrschinger Gymnasium am liebsten später bauen - wegen die vielen Ausgaben des Landkreises. (Foto: Georgine Treybal)

Es war eine lange und zuweilen emotional geführte Diskussion, die, je länger sie dauerte, auch die eigentliche Absicht des FW-Antrags zeigte: Es ging darum, eine Prioritätenliste der Projekte anzustreben, also die Realisierung einzelner Vorhaben zu verschieben, um die Ausgaben über einen längeren Zeitraum zu verteilen. Matthias Vilsmayer, FW-Fraktionschef, beließ es aber bloß beim Wunsch und vermied einen konkreten Vorschlag. Der Gilchinger SPD-Kreisrat Fritz Wauthier hatte den Mut. Er beantragte, die Planung des Herrschinger Gymnasiums um ein oder zwei Jahre zu verschieben. Vilsmayer schloss sich sofort dem Antrag an, was wiederum FDP-Kreisrat Oswald Gasser erzürnte. Bekanntlich hatten sich die Liberalen für ein Gymnasium eingesetzt. "Endlich sind latente Gegner des Gymnasiums in der Öffentlichkeit." Für Martina Neubauer (Grüne) wäre eine Verschiebung der Schule eine "fatales Signal". Kreiskämmerer Pilgram erinnerte daran, dass der Landkreis durch das neue Gymnasium 660 000 Euro jährlich an Gastschulbeiträgen sparen würde. Bei der Abstimmung fand der Wauthier-Antrag keine Mehrheit.

Vielmehr waren sich die beiden Gremien zum großen Teil darin einig, dass der Landkreis die Projekte stemmen könnte, zumal Pilgram von einem "Worst-Case" bei seinen Schulden ausgeht. Landrat Roth räumte zwar ein, dass es die Schulden und die Ausgaben eine Belastung seien und dass man ans Limit ginge. "Aber: wir können es stemmen." Der überarbeitete Haushalt, der noch der Regierung von Oberbayern vorzulegen ist, schaut wegen geringerer Kosten für Flüchtlinge so aus: Der Verwaltungshaushalt kommt auf 148 Millionen, der Vermögenshaushalt auf 37 Millionen Euro. Letztes Wort hat der Kreistag am 27. Juni.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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