Stadtrat Starnberg:Frustration und rüder Ton

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Die verbalen Provokationen der WPS-Stadträte Mooser und Picker in der jüngsten Sitzung des Gremiums werden ein Fall für die kommunale Rechtsaufsicht

Von Peter Haacke, Starnberg

Der raue, rüpelhafte bis unverschämte Umgangston, der seit 2008 zuweilen im Starnberger Stadtrat vorherrscht und in der Sitzung am Dienstag einen neuen Höhepunkt erreichte, hat womöglich ein Nachspiel: Die verbalen Entgleisungen von Günther Picker und Markus Mooser (beide WPS) in der jüngsten Sitzung des höchsten politischen Gremiums der Kreisstadt haben im Nachgang mehrere Stadträte auf den Plan gerufen.

In einer E-Mail an Bürgermeisterin Eva John, ihren Stellvertreter Klaus Rieskamp sowie alle übrigen Stadträte fordert Angelika Kammerl (Parteifreie) eine konsequente Sitzungsleitung. Vize-Bürgermeister Rieskamp hat derweil beantragt, die Tonbandaufzeichnung der denkwürdigen Sitzung vorerst nicht zu löschen, um sie der kommunalen Rechtsaufsicht am Landratsamt mit der Bitte um Prüfung zur Verfügung zu stellen.

Kammerl stellt in ihrer E-Mail fest, dass Picker und Mooser zum wiederholten Male einige Stadträte verbal massiv attackiert haben. "Das ist in keiner Weise zu tolerieren", erklärt die Stadtplanungsreferentin. Sie erwartet in diesem Zusammenhang vom jeweiligen Sitzungsleiter "zumindest eine Zurechtweisung und im Wiederholungsfall - und der liegt hier vor - eine Rüge". Sollte sich Bürgermeisterin John dazu außer Stande sehen, werde Kammerl beim nächsten Vorfall eine Unterbrechung fordern. Die Sitzung soll erst dann fortgesetzt werden, "wenn besagte Herren sich offiziell bei den betroffenen Kollegen entschuldigt haben".

Mooser antwortete umgehend. Er hatte Gerd Weger (CSU) am Dienstag öffentlich unterstellt, der dienstälteste Stadtrat habe Anlieger wegen der geplanten Umgestaltung der Mühlbergstraße "aufgehetzt", was dieser empört von sich wies. Mooser hält seinen Vorwurf jedoch aufrecht: Ein betroffener Anwohner sei auf Mooser zugekommen wegen des Themas Kostenumlage und Straßenausbaubeitragssatzung. Überdies habe er Weger angeboten, den Vorgang "im Dialog mit dem Bürger direkt zu dritt zu klären". Der Vorwurf Moosers erzeugte im Gremium höchste Verwunderung: Einige Stadträte hinterfragten, ob sie denn nun nicht mehr mit der Bevölkerung sprechen dürften.

In der Kritik steht insbesondere aber Picker, der Rieskamp (BLS), Stefan Frey (CSU), Franz Sengl (Grüne) und Angelika Wahmke (BLS) rüde attackiert hatte. Die Forderungen der Grünen, den WPS-Vorsitzenden des Saales zu verweisen oder wenigstens eine Rüge zu erteilen, blieben unerfüllt. Rieskamp, der die Sitzung beim Punkt "Jahresrechnung 2015" (Entlastung John) geleitet hatte, bedauerte "zutiefst die Entgleisungen". Die Redebeiträge seien "generell ruhig und sachlich" gewesen. In einigen Beiträgen aber sei eine "Kampfrhetorik" gepflegt worden, "bei der nicht vor persönlichen Verunglimpfungen, Diffamierung und Verhinderung der Redebeiträge anderer durch dauerhaftes Überschreien zurückgeschreckt wurde". Rieskamp vermutet, dass die Entlastungsverweigerung "durch diese aggressive Rhetorik sogar gefördert wurde". Er habe es jedoch dabei belassen, zur Ordnung aufzurufen, zumal "derartig aggressive Redebeiträge auch als reine Provokation lanciert sein könnten". Rieskamp plagte die Befürchtung, dass eine "angreifbare Spontanreaktion des Vorsitzenden" mit anschließendem Rechtsstreit einen Vollzug der Beschlüsse - hier also die Verweigerung der Entlastung Johns - hätte verhindern oder dauerhaft verzögern können.

Otto Gaßner (UWG) interpretiert das Verhalten Pickers eher mit Milde: "Ein politisch Gescheiterter entwickelt aus seiner inneren Frustration Aggressivität nach außen", meint Gaßner; der WPS-Chef sei "jetzt eher ein Fall für Mitleid". Und CSU-Ortsvorsitzender Stefan Frey erklärt: "Trotz anhaltender Respektlosigkeit gegenüber Andersdenkenden bemühe ich mich, Herrn Picker und Herrn Mooser weiterhin mitmenschlich zu begegnen."

Einen respektvollen Umgang im Gremium erwartet auch Martina Neubauer (Grüne). Zwar dürfe es in der Diskussion über strittige Themen auch mal emotional werden. Aber persönliche Angriffe, Diffamierungen, Unterstellungen und anderen ins Wort zu fallen sei nicht tolerierbar. Der untadelige Weger indes wird das "Gesprächsangebot" der WPS wohl nicht annehmen: "Das brauche ich nicht", lässt er Mooser wissen. "Wenn Sie einen Funken Anstand haben, dann entschuldigen Sie sich in der nächsten Stadtratssitzung bei mir."

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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