SPD-Jubiläum in Krailing:Wehmütiger Rückblick

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Humorige Tipps: Christian Ude (Mitte) zusammen mit (v.li.) Thomas Leibrecht, Christiane Kern, Erika Harder und Stephan Bock. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Genossinnen und Genossen feiern 50 Jahre Selbständigkeit nach der Abspaltung von den Planegger Sozialdemokraten und erinnern an bessere Zeiten

Von Patrizia Steipe, Krailling

200 Mark habe es von den Planegger Sozialdemokraten gegeben, als sich der Kraillinger SPD-Ortsverein nach fünf Jahrzehnten abgespalten und selbständig gemacht hatte. "Es war eine Scheidung ohne Rosenkrieg", sagte Ortsvereinsvorsitzende Erika Harder beim Jubiläumsfrühschoppen mit Weißwurst und Musik. Und die Vereinsannalen erinnern an die "Grußadresse per Telegramm unseres Bundestagsabgeordneten Kahn-Ackermann". Die Trennung hatte vor allem praktische Gründe, denn beide Ortsvereine gehören unterschiedlichen Landkreisen an. Das war vor 50 Jahren. Im Bürgerhaus Hubertus feierte die Partei nun Jubiläum mit vielen wehmütigen Rückblicken und dem Münchner Altoberbürgermeister Christian Ude, der mit seinem politischen Kabarett durch die Ortsvereine tingelt.

Den Anblick eines Saals, der bei einer SPD-Veranstaltung "aus den Nähten platzt", hielt Ude gleich im Bild fest. "Das baut mich unheimlich auf." Schließlich geht es dem Ortsverein nicht viel anders als vielen anderen ehemaligen Hochburgen der Sozialdemokratie. In ihren Glanzzeiten hatten 67 Kraillinger ein rotes Parteibuch, in den Fünfzigerjahren hatten die Sozialdemokraten sogar fünf von elf Gemeinderäten gestellt, so Vorstandsmitglied Thomas Leibrecht vor den etwa 100 Gästen. Lange habe die Partei davon gezehrt, dass die vielen Heimatvertriebenen in der Gemeinde "alle Kommunisten oder Sozialisten waren", sagte Leibrecht. Mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf 25 geschrumpft. Es gibt drei Gemeinderäte, die für die SPD im Ratsgremium sitzen, der Altersdurchschnitt beträgt mittlerweile 60 Jahre. "Der Wahlkampf könnte hart werden", so Erika Harder.

Humorvolle Tipps für die kommenden Wochen gab Ude seinen Genossen mit auf den Weg. Er erinnerte an eine gelungene PR-Aktion mit einem Brautpaar in München, das sich nach dem Standesamt schnurstracks zum Info-Tisch von Georg Kronawitter begeben hatte. "Das Foto war in allen fünf Münchner Zeitungen. So geht Wahlkampf, Frau Kollegin!", rief Ude der SPD-Landratskandidatin Christiane Kern zu. Und damit Kern gleich mal erfahre, was in diesem Amt auf sie zukommt, spielte er mit ihr unter großem Gelächter eine typische Szene aus einer Bürgerversammlung mit ewig unzufriedenen Bürgern vor.

Stolz sind die Kraillinger Sozialdemokraten darauf, dass mit ihrer Unterstützung Projekte wie das "Trinkl-Bad" und die Sanatoriumswiese verhindert werden konnte. "Ihr macht coole Aktionen", sagte Kern. Sie erinnerte an den Protest mit Autos, bei der ein selbst initiiertes Verkehrschaos die Auswirkungen solcher Großprojekte aufgezeigt habe.

Am Schluss mahnte Ude die "Nicht-SPD-Mitglieder", bei der Kommunalwahl ihre Stimme nicht denen zu geben, die die Demokratie "zerhauen wollen". Schließlich seien die vergangenen Jahrzehnte dank der "bewährten demokratischen Parteien" nicht die schlechtesten gewesen. In diesen Sinne plädierte Thomas Leibrecht dafür, wieder vermehrt den aus dem 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts stammenden ursozialistischen Gruß "Freundschaft!" zu verwenden.

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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