Sehenswert:Raritäten aus dem Fünfseenland

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Das "Museum Starnberger See" verschafft der Ansichtspostkarte und ihrer Geschichte noch einmal einen großen Auftritt. Grundlage für die Überblicksausstellung bilden die Sammlung der Kreissparkasse und private Exemplare

Von Katja Sebald, Starnberg

Einst war das Versenden der Mitteilung, dass Wetter und Essen gut sind, möglichst verbunden mit einem Kreuzchen bei der eigenen Unterkunft, ein wesentlicher Bestandteil der Urlaubsreise. Irgendwann verschickte man Ansichtskarten nur noch an Großmütter, längst jedoch besitzen auch diese ein Smartphone - und der postalische Urlaubsgruß ist wohl endgültig dem Untergang geweiht. Das "Museum Starnberger See" verschafft der Ansichtskarte und ihrer Geschichte noch einmal einen großen Auftritt, die Sammlung von mehr als 2700 historischen Postkarten aus dem Fünfseenland der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg bildet die Grundlage für die sehenswerte Überblicksausstellung. Ergänzt wird dieser ohnehin schon reiche Fundus durch einige Raritäten aus privaten Sammlungen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich der Starnberger See, der damals noch Würmsee hieß, zum beliebten Ziel von Sommerfrischlern und Ausflüglern entwickelt. Der Dampfschiffverkehr ab 1851 und die 1854 eröffnete Bahnlinie von München nach Starnberg hatten erheblichen Anteil daran. Um 1900 waren das Undosa-Wellenbad in Starnberg und die Drahtseilbahn von Leoni auf die Rottmannshöhe Attraktionen, die Tausende von Besuchern anzogen. Die Ansichtskarte, mit der man Daheimgebliebene über den Besuch dieser Sehenswürdigkeiten informieren konnte, erlebte dank Fotografie und neuartiger Bildreproduktionstechniken ab 1890 einen unvorstellbaren Boom. Ganze Serien von Postkarten wurden nach Entwürfen von Künstlern gedruckt.

So malte etwa der Landschaftsmaler Edward Harrison Compton Postkartenmotive für den Verlag Otto Zieher in München. Aber auch die Starnberger Fotografen Richard Wörsching und später Willi Huttig waren an der Produktion von Ansichtskarten beteiligt. Bald schon waren Postkarten auch begehrte Sammelobjekte. Verkauft wurden sie an den Kiosken am Bahnhof und an der Seepromenade. Ihre Lage und ihr Aussehen dokumentiert die Ausstellung ebenfalls. Auch die Gewerbegenehmigung mit ausführlicher Personenbeschreibung für den "Kolporteur" Michael Streitberger gehört zu den Exponaten: Er allein durfte auf dem Bahnhofsplatz Ansichtskarten, Zeitungen und Broschüren aus einem Bauchladen heraus verkaufen. Auf der Seepromenade hingegen hatten die Kioske das Verkaufsrecht. Ein nachgebauter Andenkenstand zeigt Postkarten aus der Nachkriegszeit, aber auch Schneekugeln, Anstecknadeln, Fähnchen, Schnapsgläser, Aschenbecher und Bierkrüge mit Motiven vom Starnberger See.

Die historischen Postkarten, die zum Teil auch mit handgeschriebenem Text auf der Rückseite präsentiert werden, sind aber weit mehr als nur kuriose Erinnerungsbildchen: Sie sind auch bedeutende Zeitdokumente - und das gilt nicht allein für die Originalpostkarte, die Johannes Brahms 1873 von seinem denkwürdigen Aufenthalt im Gasthaus von Konrad Amtmann in Tutzing verschickte. Auch gibt es zahlreiche einst postkartenwürdige Orte und Ereignisse, an die sich heute kaum mehr jemand erinnert: So konnte man etwa nach dem Besuch von Bad und Gasthaus in Petersbrunn eine Grußkarte verschicken, ebenso aus dem "Café und Pensionat Bayerisches Haus" bei Allmannshausen oder nach einem Spaziergang auf der zugefrorenen Fläche des Starnberger Sees. Anlässlich der Stadterhebung von Starnberg wurde ebenso eine Postkarte produziert wie anlässlich des Transports eines Findlings in Seeshaupt für die Aufstellung eines Denkmals zur Erinnerung an König Ludwig II. Ein frivoler Damenstrumpf ist auf fast allen Postkarten von der Lauterbacher Mühle abgebildet, geradezu mondän wirken die Badegäste im Strandbad Feldafing. Der "Salondampfer Luitpold", der ab 1933 als "München" mit Hakenkreuzfahne über den See fuhr, der - ebenfalls mit Hakenkreuz beflaggte - Aussichtsturm an der Schießstätte in Starnberg oder die Reichsfinanzschule in Herrsching und das "NSV Mütterheim Söcking" sind Ansichtskartenmotive aus dunklen, braunen Zeiten.

Die Ausstellung "Grüße vom Starnberger See" ist bis 8. April im Museum Starnberger See zu sehen.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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