Seeshaupt:Kalt erwischt

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Die Gemeinde Seeshaupt kündigt den Vertrag mit der Pächterin des Campingplatzes am See. Bis Ende März 2015 müssen auch die Mieter das Gelände verlassen. Die Anlage soll generalsaniert werden

Von Christian Deussing, Seeshaupt

Es war sein kleinen Paradies, die Parzelle auf dem Campingplatz in Seeshaupt. Nun demontiert Thomas Hopf sein stabiles Vorzelt und steht vor einem Haufen Bretter und Alugestänge - neben seinem gemütlichen Wohnwagen, der noch entsorgt werden muss. "Kaufen will ihn jetzt ja keiner", klagt der Münchner. Es ist stressig und frustrierend. Der frühere Fluglotse gehört zu den 60 Dauercampern, die von diesem schönen Platz am Starnberger Seeufer verschwinden müssen. Die Gemeinde allerdings findet dieses Areal nicht mehr attraktiv und zeitgemäß und will mit einem neuen Pächter den 35 Jahre alten Campingplatz komplett sanieren, die Einfahrt erneuern und die etwa 120 Stellplätze anders aufteilen.

Bereits bis zum 31. März kommenden Jahres soll das gesamte Areal geräumt sein. Die Dauercamper sind davon überrascht worden, viele von ihnen sprechen von einem "kurzfristigen Rauswurf". Wie etwa die Penzbergerin, die so gern bleiben würde und nun mit ihrem Mobilheim in die Lüneburger Heide umzieht. Andere wissen hingegen noch nicht, wo sie ihren Wohnwagen abstellen können. Einige seien schon für einen Euro an Schrotthändler verkauft worden, erzählt ein 42-Jähriger, der ebenfalls seine Parzelle in Seeshaupt aufgeben muss. "Die Händler kreisen jetzt schon wie die Geier über unserem Campingplatz", sagt der kräftige Mann. Er zeigt nach links hinüber. Dort sei ein Münchner erst seit Anfang September ansässig und habe für den Wohnwagen, das moderne Vorzelt und Gerätehäuschen fast 27 000 Euro investiert. Dieser neue Dauercamper sei durch die Entscheidung des Seeshaupter Gemeinderates "jetzt genauso dazu verdonnert, Vorbauten und Campingwagen abzubauen, zu entsorgen oder irgendwo hinzubringen". Den 42-jährigen Westfalen ärgert auch, dass die Gemeinde mit den Betroffenen "mitleidslos" sei, sie hinhalte und vieles im Unklaren lasse. Zum Beispiel, ob die Camper nach dem Umbau in der übernächsten Saison noch einen Stellplatz mieten dürfen oder was später dafür jährlich zu zahlen ist. Denn das liegt in der Hand des neuen Pächters, der jedoch noch keine Vereinbarung mit der Kommune unterschrieben hat, wie Bürgermeister Michael Bernwieser bestätigt.

Aus und vorbei: Auch Thomas Hopf muss als Dauercamper seinen Stellplatz räumen. "Es war schön hier gewesen", sagt er. (Foto: Georgine Treybal)

Der Pachtvertrag mit Sybille Braun wurde nicht verlängert, er läuft nach zehn Jahren zum 31. März 2015 aus. Das konnte auch eine Unterschriftenaktion von Dauercampern nicht verhindern. Es gab Streit ums neue Waschhaus, weil dort laut Braun die Doppel-Spülbecken nicht wieder eingebaut worden sind. Später sei ihr vorgeworfen worden, sich zu wenig um die Anlage zu kümmern und auch für den Schimmel in dem Sanitärhaus verantwortlich zu sein. Sie habe angeblich zu selten gelüftet - "dabei gab es Montagefehler und die Lüftungsanlage hat nicht richtig funktioniert", sagt die 43-jährige Pächterin. Sie verweist hierbei auf gerichtliche Gutachten.

Verbittert ist Braun aber besonders darüber, dass sie gegen ihren Willen den Mietern auf dem Campingplatz kündigen musste. In einem Schreiben droht ihr die Gemeinde mit Schadensersatzansprüchen, wenn bis Ende März "das Pachtobjekt nicht geräumt" sei. Braun berichtet überdies, dass die Langzeitcamper selbstgepflanzte Hecken und Büsche eigens herausreißen müssten. Während sie das erzählt, hält vor der Ausfahrt Hans-Werner Zehrer aus Neubiberg mit seinem voll beladenen Autohänger an. "Ich hoffe, dass ich wiederkommen darf", sagt der 63-jährige Ingenieur traurig. Auch wenn es dann leider einen neuen Betreiber gebe.

Rathauschef Bernwieser weiß, dass unter den Campern Unruhe herrscht und nicht wenige über die Kündigungen empört sind. Die Generalsanierung der Anlage sei jedoch "zwingend erforderlich", um neuen Anforderungen für ein Vier-Sterne-Niveau gerecht zu werden. Es müssten in die Drainagen, Elektrik, ins Abwassersystem sowie in die Gaststätte und den Einfahrtsbereich mehrere Hunderttausend Euro investiert werden, so Bernwieser.

© SZ vom 10.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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