Schule mal anders:Schmökern als Unterrichtsfach

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Carmen Stelzl nahm die Kinder kurz mit nach Afrika. Die Kinder genießen den literarischen Ausflug. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Kraillinger Grundschule veranstaltet eine Lesewoche, die Literatur in verschiedenen Formen zugänglich machen soll. Zum Auftakt lesen Lehrer ihren Schülern vor

Von Carolin Fries, Krailling

In der Grundschule Krailling hat man den Welttag des Buches einfach vorgezogen - und ausgedehnt. Anstatt am 23. April der gedruckten Literatur zu gedenken, feiern die 25 Lehrer und 260 Kinder eine Lesewoche. Zum Auftakt am Montag haben 20 Lehrer den Kindern aus verschiedenen Büchern vorgelesen. Die Schüler haben sich dafür in Listen eingetragen, ohne zu wissen bei welcher Lehrkraft sie landen. "Die Wahl sollte allein nach dem Interesse am Buch fallen", sagt Schulleiterin Alexandra Helfrich. Voll waren die Listen schließlich bei "Aus dem Tagebuch einer Killerkatze" oder auch bei "Das Geheimnis der Bärenhöhle". Für die "Raupe Nimmersatt" oder Erich Kästners "35. Mai" indes hatten sich nur eine Hand voll Kinder begeistern lassen.

Egal wie viele Kinder schließlich auf den Polstern und Stühlen in den Leseecken und Klassenzimmern lümmeln: Hauptsache, es wird vorgelesen. "Viel besser als selber lesen", findet Helena, "weil's nicht so anstrengend ist." Die Zweitklässlerin hat sich für den Titel "Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika" entschieden, aus dem Lehrerin Carmen Stelzl liest. Von Astschlangen, Spinnen und anderem Getier ist schnell die Rede und die Kinder lauschen mucksmäuschenstill. Schließlich steht da doch mitten in der Nacht ein Elefant vor der Tür, der seine Familie in Afrika besuchen will und Hilfe braucht. Simon kennt die Geschichte, "das ist mein Lieblingsbuch", sagt er. Andere schwärmen von "Harry Potter", der Apfelhexe "Petronella Apfelmus" oder dem Wissensbuch "Unsere Erde". Die meisten bekommen daheim regelmäßig vorgelesen, erzählen sie. Willi nicht - er findet das "langweilig" und liest lieber selbst. Helena berichtet, dass ihre Eltern die Geschichten anlesen und sie dann weiterliest - weil sie es nicht aushält, bis zum nächsten Tag zu warten.

Dass die Kinder überhaupt zum Buch greifen, freut Rektorin Alexandra Helfrich. "Wir stellen fest, dass schon noch gerne gelesen wird. Elektronische Geräte sind zwar Alternativen, aber nicht Ersatz." In der Grundschule hat die Lesewoche Tradition, auch wenn das Programm von Jahr zu Jahr wechselt. "Für uns Lehrer ist es wichtig, dass die Kinder lesen." In diesem Jahr gibt es eine Bücherausstellung der "100 besten Bücher", jede Klasse darf in dieser Woche zwei Stunden in den ausgeliehenen und mitunter brandaktuellen Bänden der Buchhandlung "Phantasia" aus Planegg schmökern, die in einem Raum im Keller wie auf einer Tafel als Leckerbissen drapiert sind. In den Klassenverbänden werden Bücher in Kurzreferaten vorgestellt und Büchereibesuche unternommen, die älteren Schüler lesen ihren jüngeren Paten vor. Am Donnerstag wird die Kinderbuchautorin Sabine Ludwig zu einer Lesung erwartet.

Das ist viel Stoff, doch Alexandra Helfrich ist überzeugt, dass der Kontakt mit Literatur wichtig ist. Nicht nur, um den Wortschatz zu erweitern und erzählerische Strukturen kennenzulernen. Es gibt auch ganz profane Dinge zu lernen wie: Was ist ein Verlag? Was ist ein Autor? Und: Wo finde ich die ISBN-Nummer, um das Buch im Geschäft bestellen zu können? Gerade im Hinblick auf das nahende Osterfest wird aber vor allem eine Frage interessieren: Wie erfährt der Osterhase, welches Buch zu den Eiern ins Nest soll?

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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