Schauspiel:Gut gewählte Charaktere

Lesezeit: 2 min

Bei der Chorprobe will einfach nichts klappen. (Foto: Nila Thiel)

Höhenrainer Theaterspieler zeigen "Chorprobe mit Hindernissen"

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Höhenrain

Jeder kennt sie: Die unglaublich nervigen Mitmenschen, die einen innerhalb von Sekunden auf die Palme bringen. Chorleiter Anton Unfried (Martin Klostermeier) versucht seine Sängerinnen und Sänger zu nehmen, wie sie sind. Doch im Vorweihnachtsstress reißt der Geduldsfaden leicht und heute wird es ihm einfach zu viel. In dem Theaterstück "Chorprobe mit Hindernissen", das die Höhenrainer Theaterspieler am Freitag im Rahmen der Adventsfeier der Kolpingfamilie und des Trachtenvereins aufgeführt haben, kann sich der eine oder andere Berger Bürger sicherlich wiedererkennen. Regisseurin Resi Much hat den Einakter selbst geschrieben und dabei ihren Mitbürgern aufs Maul geschaut. "Ich beobachte sehr genau", sagte sie am Rande der Veranstaltung im brechend vollen Höhenrainer Pfarrheim.

Die Geschichte erinnert etwas an Karl Valentins "Orchesterprobe", spielt aber in der heutigen Zeit. Da ist Charlotte von Wildenau (Lena Hochstraßer), die zwar schlecht singt, aber sich für einen Star hält und stets im Vordergrund stehen will. Trotz handyfreier Zone Probenraum klingelt unablässig Ramonas (Andrea Buchner) Smartphone und Heiko (Hansi Buchner - spricht wunderbar sächsischen Dialekt) nervt alle Chormitglieder mit den Sprüchen seiner Mutter. Xandi (Bernadette Much) versucht die negative Aura im Probenraum durch Räucherstäbchen zu bekämpfen, was alle anderen zum Husten bringt. Alex (Anna Hochstraßer) kommt zu spät, weil sie zuvor noch den Hund Gassi führen muss und Zenz (Irmengard Wiedemann) schläft ständig ein. Andere Chormitglieder (Sepp Oberrieder, Andrea Maxl, Marion Diehl, Simon Oberrieder, Regina Klostermeier und Peter Müller) haben entweder Bereitschaft und müssen nebenbei ihre Kunden besänftigen oder führen untereinander einen Zickenkrieg. Immer wieder gibt es einen Zwischenfall, der den Ablauf der Chorprobe stört.

Jedes Jahr arbeiten der Trachtenverein und die Kolpingfamilie zusammen, um Theater zu spielen. "Es ist ein schönes Miteinander", sagt Much. Die Theatergruppe spiele aus Spaß an der Freud. Die Höhenrainer Theatergruppe gibt es seit den 1950-er Jahren und Resi Much hat schon in ihrer Jugend mitgespielt. Dass sie selbst Theaterstücke schreibt, liegt daran, dass es in der heutigen Zeit nur noch wenige Spieler gibt, die sich über Monate engagieren wollen. Daher führt die Theatergruppe nur Einakter auf, die leicht einzustudieren sind. Die Chorprobe ist nunmehr das sechste, selbst geschriebene Stück der gebürtigen Höhenrainerin.

Eigentlich wollte sie dieses Jahr pausieren, denn ihr ist einfach nichts eingefallen. Dann hatte sie aber doch eine Idee. Innerhalb von nur vier Nächten - sie schreibt immer nachts, da hat sie Zeit und Ruhe - war das Stück fertig. Denn unter Zeitdruck kann Much am besten schreiben. "Es ist der ganz normale Wahnsinn in der Vorweihnachtszeit", erklärt sie den Inhalt. Unter den zehn Chormitgliedern sind sechs Sänger, die die Geduld aller anderen auf die Probe stellen. Da gibt es die Lästermäuler und jene, die sich gern im Vordergrund spielen. Da gibt es welche, die sich für wichtig halten und die charmanten Egoisten. Much hat nicht nur kurzfristig Spieler gefunden, sie hat die Charaktere auch sehr gut ausgewählt. Nur fünf Proben waren notwendig für die Umsetzung des Stücks. Die Darsteller agierten flüssig und textsicher. Sie setzten ihre Rollen glaubwürdig um. Der tosende Applaus der Zuschauer am Ende war verdient.

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: