Rechnungsprüfung:Armes, reiches Tutzing

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Die Gemeinde gehört zu den finanzschwächsten im Kreis, leistet sich aber hohe Zuschüsse und niedrige Pachten

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Jahrzehntelang nicht erhöhte Mieten und Pachtzinsen, hohe Ermäßigungen für Kindergarteneltern und Defizitübernahmen von Kindertageseinrichtungen - was sich Tutzing aus sozialpolitischen Gründen bisher leistet, monierte der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderats in seinem jüngsten Bericht zur Jahresrechnung 2017. Angesichts der angespannten Haushaltslage müsse man auch kleinere Einnahmen im Blick haben und freiwillige Ausgaben überprüfen. Einige Hausaufgaben hat die Verwaltung schon seit einigen Jahren nicht abgearbeitet.

Insgesamt attestierte der Ausschussvorsitzende Ernst Lindl (CSU) dem Rathaus in der jüngsten Gemeinderatssitzung ordnungsgemäße Arbeit. Warum das Gremium mit Lindl, Stefan Feldhütter (Freie Wähler), Maximilian Levasier (FDP), Dritter Bürgermeister Franz Matheis (UWG Traubing) und Peter Stich (CSU) erst jetzt den Bericht zur Jahresrechnung 2017 vorgelegt hat, erklärt sich mit Erkrankung und Tod des damaligen Bürgermeisters Rudolf Krug (ÖDP) im August 2017 und der folgenden Neuwahl. Der Haushalt der finanzschwachen Seegemeinde umfasste nur 23,9 Millionen Euro (2016: 23,6 Millionen). Für Haushaltsüberschreitungen hat es Lindl zufolge "vernünftige Begründungen" gegeben. Beispielsweise seien für nicht vorhersehbare Gewerbesteuerrückzahlungen Zinsen fällig gewesen. Sie schlugen mit 57 000 Euro zu Buche. Nicht öffentlich genannt wurden aus dem internen Bericht, der der SZ vorliegt, rund 308 000 Euro. Sie sind als nicht vorhersehbare Mehrkosten für den Bau des BRK-Kinderhauses und des Waldorfkindergartens auf der Rotkreuz-Alm deklariert, unter anderem für Gutachten und Anwaltskosten.

Kritisch sieht der Rechnungsprüfungsausschuss, dass die Gemeinde teilweise für ihre Immobilien keinerlei Einnahmen erzielt, etwa bei landwirtschaftlichen Grundstücken. 200 bis 300 Euro pro Hektar seien üblich. Mieten und Pachtzinsen seien "zum Teil 20 Jahre alt und nicht angepasst", stellte Lindl fest. An diesen Bereich müsse mit mehr Sorgfalt herangegangen werden, fordern die Rechnungsprüfer. Der Haupt- und Finanzausschuss müsse sich mindestens alle sechs Jahre mit dem Thema beschäftigen. Und es sei eine politische Entscheidung nötig, wie man verfahren wolle. Einen Hinweis, was die Gemeinde bewegt, lieferte Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler): Bei einigen Flächen sei man froh, dass Landwirte sie mähten. Man müsse "sehr sensibel vorgehen".

Schon jahrelang warten die Kontrolleure auf eine Antwort aus dem Rathaus zum Midgardhaus. Bereits in ihrem Bericht 2015, den die Prüfer im Oktober 2017 vorlegten, hatten sie erheblichen Klärungsbedarf gesehen. Die Liegenschaft am See gehört der Gemeinde, Wirt Fritz Häring betreibt das Lokal und vermietet selbst gestaltete Luxussuiten für 290 bis 450 Euro pro Tag. Immer noch ist nicht geklärt, ob unter anderem die externen Vermietungen der Mitarbeiterwohnungen im Einklang mit den bestehenden Verträgen steht und ob der Gemeinde dadurch eine höhere Pacht zusteht. Geklärt werden sollte zudem, ob Häring seinen Investitionsverpflichtungen nachkomme und ob die aktuelle Zahl der Sitzplätze im Biergarten der Genehmigung entspreche. Was Lindl diesmal von der Verwaltung weitergab, klang dünn. Die Sache sei "in Bearbeitung". Lindls leicht süffisante Antwort: "Wir harren der Dinge, die da kommen."

Unterhalt und Sanierung kommunaler Gebäude ist ein weiterer Punkt, der bemängelt wird. Die Immobilien seien das hauptsächliche Vermögen der Gemeinde, betonte Lindl. Bekannt sei zwar, dass es finanziell und personell im Rathaus knapp hergehe. Damit nun was vorangeht und die Kosten durch Verschleppung nicht weiter steigen, schlägt er vor, mit einem Fachmann einen Plan zu machen und auch kleinere Sachen abzuarbeiten.

Fragwürdig finden die Prüfer freiwillige Leistungen, die Tutzing nach wie vor in Zusammenhang mit Kindertagesstätten aufwendet. So gewährt die Gemeinde Eltern Ermäßigungen im Rahmen einer Sozialstaffelung, die es nur noch in einer anderen Landkreisgemeinde gäbe, wie Lindl ausführte. Leistungen wie Reinigung und Unterhalt kämen dazu. Auch die Defizitübernahme sei unüblich. Lindl nannte dazu Zahlen aus dem Prüfbericht 2016, wo sich diese Posten auf 1,5 Millionen Euro summiert hatten. "Kann man machen. Aber Tutzing hat ja nun mal nicht so viel Geld", gab er den Kollegen für einen politischen Beschluss auf den Weg.

Der Gemeinderat genehmigte die überplanmäßigen Ausgaben ebenso wie die Jahresrechnung einstimmig.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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