Raistinger Denkmal:Weltberühmt, doch kaum besucht

Lesezeit: 2 min

Im Radom werden jährlich kaum mehr als 2500 Besucher gezählt. Womöglich liegt das auch daran, dass die Antenne heuer nur an 60 Stunden geöffnet war. Dabei will der Landkreis Weilheim-Schongau eigentlich mehr Publikum anziehen.

Von Armin Greune, Pähl/Raisting

Jährlichen Einnahmen von 5000 bis 8000 Euro stehen Ausgaben von 128 000 Euro gegenüber: Allein das finanzielle Defizit der Radom GmbH des Landkreises Weilheim-Schongau, das Geschäftsführer René Jakob am Freitag zur Kreistagssitzung in Pähl präsentierte, lässt aufhorchen. Was aber bei einer Kosten-Nutzen-Rechnung noch viel schwerer ins Gewicht fällt: Lediglich 2200 bis 2500 Besucher im Jahr finden den Weg in das einzigartige Industriedenkmal, das als weithin sichtbare Kuppel ein Symbol für den Fortschritt der Telekommunikation im vergangenen Jahrhundert darstellt.

Dabei hatte sich der Kreistag an gleicher Stelle vor fast genau neun Jahren entschieden, das Radom sanieren zu lassen mit dem erklärten Ziel, das Gebäude für die breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Man wollte unter anderem mit einem Museum eine Attraktion schaffen, die der Dimension und der historischen Bedeutung der Antenne 1 der Raistinger Erdfunkstelle gerecht wird. Für rund drei Millionen Euro wurde das Radom von 2010 bis 2012 saniert, besonders spektakulär war der Austausch der einsturzgefährdeten Traglufthülle. Den Großteil der Kosten von drei Millionen Euro deckten Denkmalschutz-Fördermittel, 700 000 Euro betrug die Eigenbeteiligung des Kreises, 60 000 Euro steuerte der Bezirk Oberbayern bei.

Sechs Jahre nach der Eröffnung ist man aber noch immer weit davon entfernt, die Absicht Jakobs, "das Radom mit Leben zu erfüllen", umzusetzen. Der Grund, warum ein "Denkmal von nationaler Bedeutung" von so wenigen Einheimischen, Ausflüglern und Touristen aufgesucht wird, ist leicht erkennbar: Es war heuer an genau 20 Sonntagen von Pfingsten bis Sommerferienende für jeweils drei Stunden geöffnet - was rein rechnerisch 0,684 Prozent des Jahres entspricht. Ansonsten konnte die Empfangsanlage nur in Gruppenführungen nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden: Für den Rundgang von 60 bis 90 Minuten mit maximal 15 Personen verlangen die "Kulturführer Pfaffenwinkel" pauschal 90 Euro. Ein Tarif, der eher einer ehrenamtlichen als freiberuflichen Tätigkeit gerecht wird, denn die drei Damen müssen dafür eine stundenlange Anreise bis aus Steingaden in Kauf nehmen. Sie treten stets im Dirndl auf und zeigen Besuchern ansonsten Kirchen und Naturschönheiten im Schongauer Land. Zur Technik des Radoms können sie nur beschränkt Auskunft geben, im Vorjahr hatte dies der Förderverein Radom übernommen. Doch heuer "konnte mit dem Geschäftsführer keine Einigung über den Besucherbetrieb erreicht werden", sagt Sabine Vetter, Vorsitzende des Fördervereins auf Nachfrage.

2018 kamen 53 Prozent der Besucher zu den Gruppenführungen, 25 Prozent einzeln zu den sonntäglichen Öffnungszeiten und 22 Prozent zu Veranstaltungen, sagte Jakob. Er legte auch die Kostenverteilung dar: Jeweils 25 Prozent entfallen auf das Personal und den Energiebedarf der Anlage, 19 Prozent auf ihre Instandhaltung. Für jeden Gast im Radom wendet die öffentliche Hand 50 Euro auf - doch zum mangelnden Besuch gab es in der Kreistagssitzung keine einzige Wortmeldung; stattdessen wurde mehrfach nur die Energieversorgung in Frage gestellt.

Laut Jacob bezieht das Radom Ölheizungswärme und Strom sehr günstig vom Nachbarn: die US-Telekommunikationsfirma EMC ist seit 2006 Eigentümer und Betreiber der übrigen 15 Raistinger Parabolantennen. Wenigstens der Geschäftsführer machte sich Gedanken darüber, wie die Anlage mehr Interesse wecken könnte: Er will darüber mit dem Landesamt für Denkmalpflege sprechen gezielt Bildungseinrichtungen diskutieren und auch die Außendarstellung im Internet verbessern. Und zum 50. Jahrestag der Mondlandung - damals in Europa exklusiv via Raisting übertragen - ist von Pfingsten an eine Sonderausstellung vorgesehen.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: