Prozess am Amtsgericht:Vertrauen missbraucht

Lesezeit: 2 min

Pflegerin nimmt Geld vom Konto einer dementen Frau aus Weßling

Von Christian Deussing, Weßling

Eine Pflegerin aus Herrsching ist am Donnerstag wegen Betrugs und Urkundenfälschung vom Starnberger Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Euro verurteilt worden. Sie hatte eine 78-jährige Rentnerin in Weßling betreut, die dement und fast taub ist und den Überblick über ihre Finanzen verloren hat. Deren Tochter hatte daher eine Konto-Vollmacht. Laut Anklage hatte die Pflegerin 1500 Euro vom Konto der hilfsbedürftigen Frau abgezweigt und den Betrag auf das Konto ihrer eigenen Tochter überwiesen. Dazu fälschte sie die Unterschrift der Seniorin. Die Angeklagte habe sich einen "rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft", sagte die Staatsanwältin, was auch das Gericht so bewertete.

Die Angeklagte ist selbst verschuldet und hatte deshalb die 1500 Euro nicht auf ihr eigenes Konto überwiesen, weil sonst das Geld gepfändet worden wäre. Den Betrag soll die ehemalige Pflegerin zurückzahlen. "Es tut mit leid. Der ganze Vorfall war nicht so beabsichtigt", erklärte die 46-jährige Frau. Der ambulante Pflegedienst, bei dem sie beschäftigt war, hatte ihr nach der Tat gekündigt. Vor Gericht behauptete die Angeklagte, sie habe sich das Geld nur leihen und mit Ausgaben für Lebensmittel verrechnen wollen. Glaubhaft erschien das dem Gericht nicht, das sich auf ein fachärztliches Gutachten und die Aussagen der Tochter zum "schlechten geistigen Zustand" der Rentnerin berief.

Der Betrug war aufgeflogen, nachdem ein Bankmitarbeiter die Tochter der Betrogenen angerufen hatte. Deren Konto sei mit mehr als 1500 Euro überzogen gewesen. Sie habe bemerkt, dass es "nicht Mamas Schrift" gewesen sei und habe die Überweisung der Pflegerin vorgelegt. Die habe nur auf den Boden geschaut und behauptet, dass ihr das Geld geliehen worden sei. "Ich war schockiert, denn eigentlich hatte ich zu der Pflegerin ein sehr gutes Verhältnis und ihr vertraut", erzählte die 51-jährige Zeugin. Danach habe ihr die Frau in einer Whatsapp-Nachricht angeboten, die 1500 Euro in Raten zurückzahlen - "und dass es fair wäre, wenn ich die Anzeige zurückziehen würde". Sie habe sich "erpresst gefühlt", sagte die Tochter im Prozess. Mit der Pflegerin, die seit der Tat nicht mehr in der Branche arbeitet, hat sie keinen Kontakt mehr.

Für Richter Franz von Hunoltstein ist klar: In diesem Fall habe eine mit Pflege betraute Person das Vertrauen eines Menschen ausgenutzt, dessen "erhebliche kognitiven Einschränkungen" eindeutig gewesen seien. Das zeige auch das Gutachten des Facharztes zur Verfassung der Kontoinhaberin, erläuterte der Richter. Er habe in dieser Sache an eine Freiheitsstrafe mit Bewährung gedacht, um ein "präventives Zeichen zu setzen". Doch die Angeklagte sei bisher nicht vorbestraft, was ihr anzurechnen sei. Die Herrschingerin nahm das Urteil an.

© SZ vom 17.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: