Jugendherberge:Olympischer Teebeutelweitwurf

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62 Jugendliche aus den Partnerstädten und -landkreisen des Fünfseenlands genießen den Sommer in der Jugendherberge Possenhofen. Bei Spielen und Ausflügen steht der Spaß im Vordergrund

Von Amelie Plitt, Pöcking

Die Olympischen Spiele im Miniformat und fast genauso multikulturell - im Rahmen des diesjährigen Internationalen Jugendcamps des Landkreises Starnberg standen jedoch ungewöhnliche Disziplinen auf dem Programm: Apfelfischen, Teebeutelweitwurf und der Bau einer Menschenpyramide zum Beispiel. Bei dem Camp in der Jugendherberge Possenhofen, das seit dem Jahr 2000 im zweijährigen Turnus stattfindet, sind 62 Schüler und Auszubildende aus Partnergemeinden des Landkreises Starnberg mit von der Partie: Die Buben und Mädchen im Alter von 13 bis 20 Jahren kommen heuer aus Dinard (Partnerstadt von Starnberg), Clermont l' Hérault (Partnerstadt von Gauting) und Cecina (Partnerstadt von Gilching); vier afghanische und syrische Flüchtlingskinder reisten aus der Partnerstadt Bad Dürkheim an. Den Partnerlandkreis Mittelsachsen vertreten sieben ostdeutsche Jugendliche. Und aufgrund der seit 1984 bestehenden freundschaftlichen Beziehung des Landkreises Starnberg mit Neu-Taipeh reisten zudem Schüler der "San Ming Senior High School" in Taiwan an.

Der muntere Spielevormittag startete mit dem Bau einer Menschenpyramide: Das akrobatische Kunstwerk forderte von den aufgeregten Jugendlichen nicht nur körperliches Geschick und Konzentration, sondern auch gegenseitiges Vertrauen und eine funktionierende Absprache, die weitestgehend auf Englisch stattfand. Und obwohl sich die internationalen Gäste der Jugendherberge erst seit Kurzem kennen, klappte das Experiment nach einigen Anlaufschwächen problemlos und bereitete den Beteiligten großes Vergnügen.

Die 16-jährige Anni aus Taipeh etwa findet es toll, wie der Gruppenzusammenhalt bei ihren kleinen Olympischen Spielen noch einmal verstärkt wurde und lobte die gegenseitige Rücksichtnahme. Cosimo aus Cecina sowie Clémence aus Clermont-l'Hérault können es kaum fassen, wie schnell sich hier echte Freundschaften entwickelt haben. Anfeuern und Mitfiebern prägte auch den nächsten Gruppenwettkampf: Apfelfischen. Vor zwei großen Wasserbehältern, in denen je ein Apfel schwamm, knieten zwei Teilnehmer, die versuchten das Obst ausschließlich mit dem Mund ohne Hände zu schnappen. Während sich die Mädchen überwiegend zurückhielten, waren die Jungs kaum mehr zu bremsen: Sasha aus Frankreich zog prophylaktisch sein T-Shirt aus, was bei den herumstehenden Schülerinnen Pfeifen und Applaudieren auslöste und sie ihn mit "allez, allez" -Rufen lautstark motivierten. Während der Junge ohne Anstrengung den Apfel flink aus dem Wasser holte, hatten andere Teilnehmer ihre liebe Mühe: Sie tauchten hektisch mit dem ganzen Kopf unter Wasser, setzten die Zunge ein, bissen ins Leere, schluckten Wasser und stibitzten das Obst im Notfall doch mit den Fingern aus dem Behälter. Pudelnass waren die Kandidaten am Ende alle, was der ausgelassen Stimmung aber keinen Abbruch tat.

Dann hieß es "it's tea time". Nein, es war nicht Zeit für einen gemütlichen Tratsch bei einer Tasse Tee, sondern für die sportliche Disziplin des Teebeutelweitwurfs. Drei kulturell durchmischte Gruppen traten gegeneinander an: Jeder Kandidat musste sich mit dem Rücken zur Wurffläche drehen, steckte das Etikett des Teebeutels zwischen die Zähne und sollte durch eine Schwungbewegung den Teebeutel im richtigen Moment loslassen, damit dieser möglichst geradlinig und weit fliegt. Herrschte Sekunden vor dem Start eine fast dramatische Ruhe, konnten sich die Jugendlichen nach dem Startschuss nicht mehr halten und feuerten ihre Teammitglieder ohne Unterlass an. Zwar flogen die meisten Teebeutel kreuz und quer nach links und rechts, oder auch mal nach hinten, und nur wenige Teilnehmer hatten sofort den Kniff für eine gerade Fluglinie heraus. Was zählte war aber der Spaßfaktor, sodass es am Ende auch völlig unterging, welches Team am häufigsten die längste Strecke geschleudert hat. Sprach- und Kulturbarrieren waren in diesem Moment vergessen.

Bevor es dann am Nachmittag mit einem Zumba-Workshop weiterging, gab es zur Stärkung nach dem schweißtreibenden Wettkampf erst einmal Pizza für alle.

Die 62-köpfige Gruppe bleibt noch bis Freitag. Sie besichtigte bereits das Kloster Andechs, machte eine Dampferfahrt auf dem Starnberger See, wanderte in der Partnachklamm und besuchte das Schloss Neuschwanstein. Abends tobten sich die Jugendlichen in der Disco im Jugendzentrum Starnberg aus oder machten ein Lagerfeuer im Garten der Herberge. In den verbleibenden Tagen besucht die Gruppe die Bavaria Filmstudios, die Allianz-Arena und die Münchner Altstadt. Für die Buben und Mädchen verging die Zeit wie im Flug. An die bevorstehende Rückreise will noch keiner denken. Aber eins steht für die Teilnehmer fest: Es soll nicht das letzte Treffen gewesen sein.

© SZ vom 12.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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