Pöcking:Schreiben ist ihr Ding

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Stephanie Fey alias Rebecca Abe alias Ida Ding: die Pöckinger Schriftstellerin Stephanie Schuster. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Unter dem Pseudonym Ida Ding hat Stephanie Schuster einen Regionalkrimi veröffentlicht

Von Blanche Mamer, Pöcking

Vor dem dunklen Holzhaus am Ortsrand von Pöcking sitzt eine schwarz-weiße Katze und putzt sich ausgiebig, dann geleitet sie den Besuch ins Haus. Tut so, als ob es ihr Haus wäre, doch sie ist auch nur zu Gast, gehört dem Nachbarn. Der grau getigerte Familienkater Nisse, Vorbild für den Kater Chiller, ist unterwegs. Dafür ist Muck Halbritter, Ich-Erzähler und Hauptfigur des neuen Regionalkrimis von Ida Ding "Jungfernfahrt" zu Hause und sagt gleich, dass er nur der Ideengeber ist. Im richtigen Leben ist er Thomas Schuster, der Ehemann von Stephanie Schuster, der Autorin.

Gemeinsam haben sie nicht nur das Pseudonym Ida Ding erfunden, sondern auch den Plot entwickelt und all die schrägen Namen der Figuren, die immer irgendwie eine Bedeutung haben und oft auch wichtige Reminiszenzen ans wahre Leben sind. "Mein Mann ist Schreiner und Landwirt. Und ein genialer Erzähler." Halbschreiner, Halbbauer, stellt sich der Muggerl vor, das liebevolle Alter-Ego von Thomas. Ohne ihn hätte sie einige Schreiblöcher wohl kaum überwunden, sagt Stephanie Schuster. Sie lacht gern und viel, während sie einzelne Fransen der naturkrausen Haare weg von der Brille aus der Stirn streicht. Ida Ding ist nicht ihr erstes Pseudonym, sie hat zwei weitere für andere Reihen und Verlage. Als Rebecca Abe hat sie 20 Jahre lang Kinderbücher illustriert und ihre ersten Romane "Das Gedächtnis der Lüge" (2008)sowie den historischen Roman "Im Labyrinth der Fugger" (2011), erstmals auch mit Illustrationen, geschrieben. Als Stephanie Fey hat sie eine Thriller- Trilogie um die Rechtsmedizinerin Carina Kyreleis veröffentlicht.

2013 war dann die richtige Zeit für ihren ersten humorigen Regionalkrimi - unter dem genialen Wahlnamen Ida Ding, den man so leicht nicht vergisst. Er passt auch gut zum subversiven Privatschnüffler Nepomuk Halbritter, der zwar immer noch glaubt, dass in seinem Heimatort Pöcking nicht viel los ist, sich aber gleich in die Arbeit stürzt, wenn es darum geht, rätselhafte Verwicklungen zu entwirren und Familiengeheimnisse aufzudecken. Und jederzeit bereit ist, seine Frau Sophie, Kriminaloberkommissarin in Fürstenfeldbruck, bei ihren Ermittlungen zu unterstützen. Nicht ganz so blutig, wie im ersten Krimi "Hendlmord", geht es bei "Jungfernfahrt" gleich zur Sache, als Tochter Emma im Schlosspark in Possenhofen einen menschlichen Unterkiefer ausbuddelt. Es folgt der spektakuläre Auftritt von Mucks bestem Feind aus Schulzeiten, dem Starnberger Polizeimeister Wolfgang Jäger, der über die Boulevardpresse dubiose Spekulationen in Umlauf bringt. Und gleich folgt der zweite Coup, ein aufwendiges Prunkschiff, das der Berger Millionär und Metzger Walter Wunder nach dem historischen Vorbild des Bucentaur von Kurfürst Ferdinand Maria nachbauen ließ, säuft während der Jungfernfahrt ab. Hunderte Passagiere werden gerettet, nur einer nicht, den aber niemand außer Muck gesehen hat.

Derweil stürzt sich Schwiegervater Fidl, ein leicht verrückter Maler, der dem Pöckinger Kunstmaler Josef Wagner - im wahren Leben Vater der Autorin - ähnelt, in ein Liebesabenteuer. Zugleich nistet sich Thierry, der vermeintliche Cousin seiner halbfranzösischen Frau bei Muck auf dem Hof ein. Das ist so kompliziert wie es klingt. "Ein Thierry war in meiner Jugend bei uns als Austauschstudent", erzählt die Autorin. Und Mucks Sohn Emil - der Name ist von Erich Kästners jugendlichem Helden geklaut, ähnelt dem eigenen Sohn Jonas. In ihrer Kindheit habe es in Pöcking wirklich einen Bäcker gegeben, der Metzger hieß, sagt die Autorin. Auch der Traktor Tiger existiert in Realität. Nur die Farbe und die Marke stimmen nicht, dafür ist es richtig, dass Familie Schuster autolos ist. Die Ziegen und Schafe gibt es ebenfalls in Realität, die Augsburger Hühner aus dem "Hendlmord" mittlerweile jedoch nicht mehr.

"Die Mama mit ihrer Fantasie", sagten die beiden inzwischen erwachsenen Töchter früher, wenn sie am Frühstückstisch hockte und in klitzekleiner Schrift Begebenheiten notierte. Diese Merkzettel klebt sie in ein Din-A4-großes Notizbuch ein, schreibt von Hand die einzelnen Erzählstränge drum herum. Oft malt sie auch Skizzen in ihr Heft , die später den gedruckten Starnberger-See-Krimi illustrieren. Erst wenn alles fertig ist, wird es in den Computer übertragen. Sieben Jahre hat es gedauert, bis ihr erster Roman fertig war, erzählt sie. Sie habe Schreibkurse besucht, an Wettbewerben teilgenommen. Heute coacht sie selbst junge Kollegen, bietet literarisches Figurenaufstellen an und hilft dabei, die Plots zu verdichten.

Jungfernfahrt ist am vergangenen Freitag bei Rororo erschienen. Die Buchpremiere findet am 15. Mai, 19 Uhr, im Museum Starnberger See, Possenhofener Straße 5, statt. Dort, beim Modell des legendären Bucentaur, liest Ida Ding gemeinsam mit ihrem Mann aus dem neuen Krimi. Vorher machen sie zusammen bayerisches Kabarett. Eine weitere Lesung findet während der Kulturtage Pöcking, am 22. Juli, in der Gemeindebücherei, im Alten Pfarrhaus, Hauptstraße 8, statt.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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