Schon als Kind hatte Albert Glas ein ausgesprochen gutes Gedächtnis: Als einmal seine Cousine, die auf einer Hochzeit ein Gedicht aufsagen sollte, ihren Text vergessen hatte, sprang der damals Sechsjährige ein. Der "Bertl", wie er in seinem Heimatort Pöcking genannt wird, hatte seiner Cousine beim Auswendiglernen zugehört und sich den Text gemerkt. Und weil er sich zudem leidenschaftlich für bayrische Gedichte interessiert, speichert er alles, was ihn interessiert, in seinem Gedächtnis ab. Und auch Jahrzehnte später kann der "Bertl" alles, was er einmal gelernt hat, noch auswendig heruntersagen.
Heute, als 85-Jähriger, verfügt Glas über einen reichen Schatz an Geschichten und Gedichten. Ob runder Geburtstag, Hochzeit oder Familienfeier: Albert Glas hat immer ein passendes Verserl parat und ist daher gern gesehener Gast auf jedem Fest in Pöcking. Auch die Stiftung für Pöcking interessierte sich im Rahmen der Unterstützung von heimischer Kunst und Kultur für die Gedichte von Albert Glas. Denn er trägt seine Reime stets mit verschmitztem Humor und in bestem bairischen Dialekt vor. Dies macht ihn zum "Garanten für die gute Stimmung im Saal", wie der Stiftungsvorsitzende Werner Anzill bei der Vorstellung des neu erschienenen Buches "Da Dings" erzählte.
Im vergangenen Jahr hatte die Stiftung das Projekt "Pöckinger Perlen" ins Leben gerufen. Mit der Buchreihe sollen Schätze gehoben werden, die direkt von Bürgern aus Pöcking kommen. Nach dem ersten Band mit Geschichten und Gedichten von Dorf-Chronist und Wirt Leonhard Poelt hat sich die Führungsriege der Stiftung nun erneut für einen Gedichtband entschieden - diesmal jedoch als Hörbuch, gesprochen von Albert Glas. Und mit typisch bayerischem Humor hat Glas auch gleich eine Erklärung parat, warum er die Nummer 2 in der Buchreihe geworden ist: "Sie werden sich gedacht haben' ned dass er uns absemmelt, der alte Hund", sagt der 85-Jährige, und der Schalk blitzt dabei in seinen Augen. Dem Inhaber einer Elektrowerkstatt fällt dazu auch gleich ein Verserl ein: "Wenn's Zeit is", heißt das Gedicht, das vom Tod handelt und von seinem Lieblingsautor, Josef Steidle stammt.
Die Aufnahme entstand im Rahmen der Kulturwoche Pöcking 2015. Damals hatte Glas Gedichte im voll besetzten Gasthof Poelt vorgetragen und wählte dafür vorwiegend Gedichte von dem Münchener Turmschreiber Steidle aus, aber auch von Elli Michler, Helmut Zöpfl oder unbekannteren Autoren. Die Verserl fallen unter die Rubrik "den Leuten aufs Maul g'schaut" und handeln von Themen wie Schönheitswahn und Lifting, von unterschiedlichen Bedeutungen des bairischen Ausdrucks "ja dös san Hund", vom alt werden oder von den Problemen mit den "dritten Zähnen". Immer sind die Gedichte direkt aus dem Leben gegriffen und haben einen ernsten Hintergrund. Und genau deshalb wollten die Besucher auf Veranstaltungen stets diese Gedichte gerne hören, weiß Glas aus Erfahrung.
Musikalisch untermalt wird der ausdrucksstarke, bayrisch-prägnante Gedichtvortrag von der Volksmusikgruppe "Pöckinger Saitenspiel". Barbara Baumer und Sonja Thomaier haben die Reaktionen der Besucher fotografisch festgehalten, Jürgen Kühn schrieb Texte dazu. Eine besondere Herausforderung war später die Tonbearbeitung durch Christian Burkhart. Denn Glas hatte auf der Veranstaltung zuweilen vergessen, dass er ein Mikrophon trug, und so kamen auch seine Kommentare mit auf die Aufnahme. Auf der CD ist beispielsweise zu hören, wie er über den Ansager schimpft, weil "der sein eigenes Zeug nicht mehr lesen" konnte.
Das Buch mit Hörbuch auf CD wird diesen Samstag, 2. Juni, ab 14 Uhr auf dem Pöckinger Straßenfest verkauft. Unter dem Motto "PPP" - Pöckinger Perlen Paket - wird es noch den Cocktail "Pöckinger Perlenspritz" dazu geben.