Perchting:Powerfrauen und Quotenmann

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Sie haben das Sagen in der Frauen Union: Ute Nicolaisen-März, Brigitte Kössinger, Stefanie von Winning, Ute Eiling-Hütig. (Foto: Thiel)

Frauen Union diskutiert über sexuelle Übergriffe und das Recht auf Selbstbestimmung

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Perchting

Busen grapschen in der überfüllten U-Bahn, anzügliche Bemerkungen am Arbeitsplatz: Mit der Aktion "Selbstverständlich" will die Frauen Union (FU) darauf aufmerksam machen, dass Frauen auch heute noch täglich Opfer von sexuellen Übergriffen sind. Auf der Jahresversammlung der Kreis-FU am Donnerstag wurde rege und engagiert über die Kampagne diskutiert. Wie aktuell das Thema ist, zeigte die Anzahl der Besucherinnen. Der Gasthof Wöll in Perchting war voll besetzt.

Wie die Kreisvorsitzende Ute Nicolaisen-März ausdrücklich betonte, ist die Kampagne nicht gegen Ausländer gerichtet. Durch die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten sei die Diskussion nur neu entfacht worden. Kritisch beurteilten viele Besucherinnen die Argumentation, wonach die Frauen zum Teil selbst schuld seien an den Übergriffen und die Täter entschuldigt wurden. Dadurch wurde ihrer Ansicht nach ein Trend zum Rückschritt ausgelöst. "Ein Übergriff ist ein Eingriff in die eigene Freiheit", erklärte die Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende Ute Eiling-Hütig. Es gebe kaum eine Frau, die nicht schon entsprechende Erfahrungen gemacht habe. Das löse bei vielen Frauen Unsicherheit aus und Selbstzweifel. "Wir Frauen sind überhaupt nicht bereit darüber zu diskutieren, was wir dürfen und was nicht", sagte Nicolaisen-März. Die Hauptbotschaft dieser Kampagne müsse sein, dass es keine Toleranz gibt und Frauen sich nicht verteidigen müssten.

Die Gesetze und Werte in Deutschland müssten für jeden gelten, auch für Männer anderer Nationalitäten. Laut Nicolaisen-März darf nicht verschwiegen werden, dass es sexuelle Übergriffe in den Flüchtlingsunterkünften gibt. Die Kreisvorsitzende berichtete von einer Landkreisbürgerin, die sexistische Emails bekam, seit sie sich in einem Helferkreis engagiert. Weibliche Flüchtlinge werden nach ihren Erfahrungen auch oft benachteiligt, beispielsweise wenn sie keine Deutschkurse besuchen dürften. Die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger lehnte diese Art der Diskussion ab. In ihrer Gemeinde gebe es keinerlei Probleme, erklärte sie. Zudem kenne man die Gründe nicht, warum Flüchtlingsfrauen den Sprachkursen fern blieben. Dennoch räumte die Rathauschefin ein: "Es ist schlimm, wenn wir Rückschritte haben", beispielsweise, wenn die Autorität einer weiblichen Polizistin angezweifelt werde. Einigkeit herrschte darüber, dass die drängende Enge in den Unterkünften noch lange nicht zu Übergriffen berechtigt oder zu schlechtem Benehmen. Es dürfe keine Diskussion darüber geben, ob ein Mann einer Frau die Hand gibt oder ob er sich von einer Ärztin untersuchen lässt. "Das Recht auf Selbstbestimmung ist selbstverständlich. Jeder Mann muss das lernen", sagte eine Besucherin. Kontrovers wurde über die Entwicklung diskutiert, wonach Frauen nicht mehr ohne Pfefferspray in ihrer Handtasche aus dem Haus gehen und verstärkt Selbstverteidigungskurse besuchen. Um dem Trend zum Rückschritt entgegenzuwirken, müssen sich die Deutschen nach Ansicht des JU-Kreisvorsitzenden Stefan Ebner - er war der einzige "Quotenmann" auf der Veranstaltung - auf ihre Grundwerte besinnen und zu ihnen stehen.

Wie die Kreisvorsitzend ein ihrem Rechenschaftsbericht betonte, haben die Frauen in der CSU lange Zeit mit einem negativen Image kämpfen müssen. Nun jedoch seien sie im Aufwind. "Wir sind super vernetzt von ganz unten bis ganz oben. Da gibt es keine Hemmschwellen."

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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