Bauerntheater, das Freude macht:Drei Brüder und eine Sau

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Den von Regisseur Dieter Fischer geführten Laienschauspielern des TSV Perchting-Hadorf gelingt mit ihrer österlichen "Weihnachtsfeier" ein respektables Stück Unterhaltung.

Von Clara Brügge, Perchting

Wer in diesen Tagen dabei ertappt wird, wie er die Melodie von Jingle Bells vor sich hersummt, war vermutlich am vergangenen Wochenende im Perchtinger Sportheim. Denn dort startete die Theatergruppe des TSV Perchting-Hadorf mit Gerhard Loews "Der Weihnachter oder Da bluadige Damerl" in ihre diesjährige Aufführungssaison. Dass es nicht Weihnachts-, sondern Osterzeit ist, schien dabei niemanden zu stören - vielleicht fiel es ob des Schneefalls am Premierenwochenende aber auch einfach niemandem auf.

Das Thema jedenfalls ist zu jeder Jahreszeit aktuell: Wer bekommt das Erbe des Bichler-Vaters? Eine schwierige Angelegenheit. Denn jeder seiner drei Söhne beansprucht den Bauernhof mitsamt der anliegenden Grundstücke für sich. Gerecht aufteilen? Weit verfehlt, der alte Bichler hat eine durch und durch bayerische Lösung parat: Nur derjenige, der die hauseigene Sau schlachtet, ist des Erbes würdig.

Das Dilemma wird in Anbetracht der Söhne deutlich, die ihren Vater in erbschleichender Hoffnung zu Weihnachten auf dem Land besuchen: Alfred (Luis Sepperl) ist ein prolliger Neureicher aus München. Sein ganzer Stolz: der neue BMW und die alljährlichen Skiurlaube in Kitzbühel mit seiner stets frisierten Frau Rosi (Waltraud Beigel). Hermann (Peter Küchler) hingegen ist der klischeehafte Inbegriff des spießbürgerlichen Beamtentums: selbst in bäuerlicher Umgebung Anzugträger, etwas dröge und zu allen Zeiten auf Befehle seiner Frau Herta (Edith Rothdauscher) angewiesen. Der sensible Künstler Martin (Sepp Silberg) fällt ganz aus der Reihe: getrieben von einer sonderbaren Affinität zu Marienkäfern ist er erklärter Gegner der Atomkraft und fällt seinem "Bappa" auch als Erwachsener noch sichtlich sentimental um den Hals.

Trotz aller Unterschiede haben die drei Brüder eins gemeinsam: Sie haben nicht den geringsten Schimmer, wie man eine Sau schlachtet. Am Ende des Stücks ist klar: Mit Elektroschock und Plastiktütenerstickung ist es jedenfalls nicht getan.

Mit jeder Menge gewitztem Dialog, einer guten Prise bayerischem Dialekt und einer ordentlichen Portion schauspielerischer Glanzleistung ernten die Laiendarsteller des Bauerntheaters einen Lacher nach dem anderen. Im Zentrum steht die Figur des Bichler-Vaters, in ihrer urbayerischen Gemütlichkeit und sturköpfigen Eigensinnigkeit wunderbar verkörpert von Christian Dreyer.

Regisseur Dieter Fischer beweist wie schon in vergangenen Jahren ein ausgeprägtes Feingefühl für liebenswert schrullige Charaktere und deftigen Humor. Als "Der Weihnachter" im Jahr 1994 zum ersten Mal auf der Perchtinger Heimatbühne inszeniert wurde, spielte er noch selbst mit; auch Edith Rothdauscher und Peter Küchler waren damals bereits mit von der Partie. Seitdem hat sich in Fischers Karriere viel getan: Er ist mittlerweile regelmäßig im Fernsehen als Kommissar bei den Rosenheim-Cops zu sehen. Zudem hatte er unter anderem Auftritte in den beliebten Formaten "Tatort" und "Polizeiruf 110". Doch seiner heimischen Theatergruppe bleibt der Ascheringer nach wie vor als Regisseur treu - mit großem Erfolg, wie sich jedes Jahr aufs Neue vor ausverkauften Publiken zeigt. Dazu trägt auch maßgeblich die Liebe zum Detail bei; Gestik, Mimik und Dialog korrelieren zu jeder Zeit und verleihen dem Ganzen Authentizität. Und auch das Bühnenbild vermag zu überzeugen: Richard und Franz Gröger scheuten bei der Gestaltung keinen Aufwand. Der Höhepunkt ist ein senkrecht aufgestelltes Bett, in dem sich Alfred und Rosi anschnallen und über diverse Methoden der Sau-Eliminierung diskutieren.

Das Publikum weiß es zu schätzen: Der Applaus hält lange an. Und die Vorfreude auf Weihnachten ist auch schon geweckt .

Weitere Aufführungstermine: Bis einschließlich 3. Mai jeweils freitags, samstags und sonntags sowie Mittwoch, 15. April. Beginn: 20 Uhr, sonntags 18 Uhr. Karten unter Telefon 08151/16260

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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