Malteserstift unter neuer Leitung:Zauberwort Zuhause

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Gislinde Dietz und Thomas Christ leiten das Malteserstift St. Josef in Percha mit 135 Plätzen und 16 Zweizimmerwohnungen im Betreuten Wohnen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit einem Jahr führt Heimleiterin Gislinde Dietz jetzt das Malteserstift. Neben hohen Pflegestandards setzt sie darauf, dass sich die Bewohner heimisch fühlen

Von Sabine Bader, Percha

In der Eingangshalle sitzen etliche Bewohner, die meisten von ihnen zwischen 80 und 90 Jahre alt. Auf einer Flipchart ist ein großer Bogen Papier befestigt, darauf ist schematisch die Deutschlandkarte mit ihren Bundesländern und Punkten für die einzelnen Hauptstädte gezeichnet. Benannt sind weder Bundesländer noch Städte. Das sollen die Umsitzenden tun, sie sind gefordert, diese zuzuordnen. Kein ganz einfaches Unterfangen, nicht einmal für weit jüngere Menschen. "Das ist doch das Saarland", schallt es aus einer Ecke. Und aus einer anderen: "Nö, Hamburg." Über das Gedächtnisspiel, das die Sozialbetreuer selbst entworfen haben, lassen sich nicht selten Erinnerungen wecken: Wo man schon mal war; was man dort erlebt oder gegessen hat. Das schafft Verbindungen, Nähe zum Gegenüber und ein Gefühl von Zuhause.

Apropos Zuhause: Das will das Malteserstift in Percha seinen Bewohnern sein - mit persönlichem Mobiliar, geliebten und vertrauten Gegenständen. Heimleiterin Gislinde Dietz und dem Pflegedienstleiter Thomas Christ ist das, wie sie sagen "besonders wichtig". Seit etwas mehr als einem Jahr sind die beiden jetzt im Amt. Und sie handeln eben nicht nach dem Motto: Neue Besen kehren gut. Dietz hat sich erst einmal alles genau angesehen, ein Bild von den Verhältnissen gemacht. Und sie hat kein leichtes Erbe angetreten. Die früheren Heimleiter Irene und Richard Szymanski waren 28 Jahren im Haus und haben es in dieser Zeit natürlich geprägt. "Da werden Veränderungen - sogar die Kleinsten - von allen viel stärker wahrgenommen", weiß Dietz. Mit ein Grund, warum sie mit allen Änderungen sehr vorsichtig ist. Zum Anderen hatten ihre Vorgänger die Einrichtung auch sehr gut geführt und waren bei Bewohnern wie Angehörigen äußerst beliebt.

Für Gislinde Dietz war es im ersten Jahr besonders wichtig, sich mit den 80 Mitarbeitern, den Bewohnern, Angehörigen, Politikern und örtlichen Vereins- und Verbandschefs bekannt zu machen, mit ihnen persönlich geredet zu haben. Das klingt nach vielen Terminen. In diesem Jahr wollen sie und Christ das Erreichte perfektionieren - auch die neuen Angebote wie etwa das speziell für Männer oder Nachtaktive. Gerne werden auch jetzt schon Kinonachmittage, der Kuchenbacken-Donnerstag und das Kegeln angenommen. Gerade das Letztere ist der Renner. "Das schafft ebenfalls ein Zuhause-Gefühl, sagt Dietz. Und eben weil so viele beim Kegeln mitmachen wollen, hat der Hausmeister - er ist gelernter Schreiner - in seiner Freizeit eine portable Kegelbahn, die auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist, für die Bewohner gefertigt und sie ihnen als Überraschung zu Weihnachten geschenkt. "Das hat mich überwältigt", erzählt Dietz. Die Bahn wird am 3. März feierlich eingeweiht, dann erst kann sie von allen bewundert und vor allem bespielt werden. Überhaupt findet die Dietz es schade, wenn sich Besucher nicht in Altenheime trauen. Darum lädt sie auch Künstler zu Lesungen und Konzerten ein - zum Beispiel die Uli Singers.

Ach ja, und noch etwas ist sehr beliebt in Percha: der Besuch der Eselfarm. Die Tiere locken so ziemlich alle Bewohner ins Foyer. Und weil das so ist, kommen die Tiere gleich mehrmals im Jahr zu Besuch, das nächste mal am 16. März. Überhaupt schafft das Fell von Tieren wie Hasen und Hunden eine ganz besondere Nähe und die Berührung kann kleine Wunder bewirken. Da öffnen Leute, die ihre verkrampften Finger nicht aufmachen können, ihre Hände um ein Leckerli für den Hund reinzulegen oder streichen dem Esel vorsichtig durchs Fell. Dietz und ihr Team wollen den Bewohnern schlicht ein gemütliches Zuhause schaffen und einen hohen Pflegestandard anbieten. Vergangenes Jahre wurde das Betreute Wohnen zertifiziert, dieser Qualitätsbeweis wurde jetzt erneuert.

Das Malteserstift mit 135 Plätzen und den 16 Zweizimmerwohnungen im Betreuten Wohnen gilt als großes Haus. Dennoch versucht Dietz so gut wie täglich gemeinsam mit den Bewohnern im Speisesaal zu Mittag zu essen. Die 57-Jährige hat schon einige Einrichtungen geführt und weiß, worauf es ankommt. Mit ein Grund, warum sie sich um die Stelle in Percha beworben hat, ist auch: Sie ist ein waschechte Münchnerin. Hier geboren, hat es sie auch in andere Städte der Republik verschlagen, etwa nach Augsburg. Doch nun wollte sie wieder in ihre "alte Heimat" zurück. Seit einem Jahr wohnt sie nun in Starnberg und fühlt sich hier schon richtig wohl. Vor allem der See war ihr wichtig. "Vergangenen Sommer bin ich jeden Tag geschwommen", sagt sie.

Überhaupt hat sich einiges geändert in den vergangenen Jahrzehnten. Damals noch sind die Leute wesentlich früher ins Altenheim gezogen - so mit 70 Jahren. Heute ist das Alter 80 plus. Die Leute werden älter und bleiben im Durchschnitt auch viel länger rüstig und daheim. Derzeit leben sogar zwei 100-Jährige im Malteserstift. Wer hier im betreuten Wohnen lebt, - das sind bekanntlich völlig eigenständige Wohnungen mit eigener Küche und Bad - der macht meist gern bei der Anwesenheitsabfrage mit. Man sagt einfach an der Pforte, dass man jetzt länger weg ist, nach München fährt oder Freunde besuchen geht . Das hat nichts mit Kontrolle zu tun, sondern schafft Beruhigung für die Bewohner selbst, das Personal und für die Angehörigen. "Außerdem entwickelt sich dabei manchmal ein nettes Gespräch." Und in den Familien von früher mit Alt und Jung am Küchentisch gab es dieses Interesse für einander ja schließlich auch. So funktioniert Zusammenleben. Und eben das wollen Dietz und ihre Leute ja.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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