Percha:Nostalgische Einweihung

Früher war in den USA alles möglich, heute wohl eher in Australien, aber vielleicht kommt es auch gar nicht so sehr aufs Land an. "Wenn man Träume hat, kann man alles wahr machen", sagt Josef Prasil, die Hälfte des Duos Amistat (katalanisch für Freundschaft). Und erzählt, dass er und sein Zwillingsbruder Jan früher nicht nur Musik gemacht, sondern eben auch als Golflehrer gearbeitet oder zuletzt in Starnberg auf Hochzeiten geschuftet hätten. Nein, das war kein Spaß. Die Singer-Songwriter aus dem schönen Rosenheim, die in Italien aufgewachsen, vor sieben, acht Jahren nach Australien ausgewandert und nun auf dem Sprung nach Großbritannien sind, bedanken sich noch mindestens zweimal dafür, dass sie hier im vollen Biergarten stehen und spielen dürfen. Ja, okay, wirkt ziemlich brav.

Musikalisch halten sich Amistat mit Keyboard und Akustikgitarren aber keineswegs bei artigen Formeln auf. Manchmal vermeint man bei diesem verspäteten Einweihungsfest der Seestubn Percha einen Hauch von Experimentierfreude zu hören, die den Soundtüftler James Blake auszeichnet. Zu den Vorbildern der Zwillinge gehört Ben Howard, vom Liedermacher Paolo Nutini covern sie an diesem Abend "These Streets". Eng verflochtene Harmonien, ausdrucksstarker zweistimmiger Gesang, hitverdächtige Refrains wie im Titelsong der neuen EP "Nostalgia" und verzinkte Akkorde machen den Stil des Duos aus. Jan Prasil setzt gelegentlich sogar zwei, jeweils nur auf Bass- oder Diskantseiten montierte Kapodaster ein, um spezielle Färbungen zu erreichen, und nutzt seine Gitarre als Percussioninstrument. Heraus kommen melancholisch sehnsuchtsvolle und weit von gängigen Trends abgehobene Folk- und Popballaden, die bei aller Eingängigkeit nie platt oder simpel klingen.

© SZ vom 08.08.2018 / sum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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