Online-Debatte:Vergessene Grundrechte

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FDP diskutiert mit Wolfgang Kubicki über Pandemie und Freiheit

Von Blanche Mamer, Starnberg

Für die FDP-Online-Debatte "Lockdown statt Lockerungen - Was ist die Lösung?" mit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hätte FDP-Bundestagskandidatin Britta Hundesrügge wohl kaum einen besseren Termin finden können. Denn verbunden mit der aktuellen Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist die Grundrechtsdebatte in vollem Gang.

Für die Liberalen ist die Bewahrung der Grund- und Freiheitsrechte eine essenzielle Forderung. Sicher, die Pandemie-Bekämpfung stehe an erster Stelle, doch es gehe um Verhältnismäßigkeit, was die Einschränkung der Bürgerrechte betreffe, sagte Kubicki. Nicht die FDP gefährde Menschenleben, wenn sie gegen die Novellierung des Gesetzes stimme, wie ihm die Virologin Melanie Brinkmann vorgeworfen hatte, sondern die Bundeskanzlerin und Gesundheitsminister Jens Spahn hätten Menschenleben gefährdet, weil sie nicht rechtzeitig genügend Impfstoff und Tests beschafft hätten. Jetzt reagiere die Bundesregierung mit immer neuen Einschränkungen und vergesse die Grundrechte. Das müssten die Gerichte leisten. Und wenn 120 Obergerichtliche Urteile angeordnete Maßnahmen als verfassungswidrig einschätzten, sei das für einen Rechtsstreit doch bedenklich.

Moderator Ajay Singh, Beisitzer im Kreisverband Starnberg, brachte die Diskussion auf die lokale Ebene. Hundesrügge forderte mehr Mitsprache der Landkreise und Kommunen. "Wir kommen uns vor, wie Kinder, die um einen Lutscher betteln", sagte sie. Die Bevormundung durch die Bayerische Staatsregierung sei unerträglich. Allerdings habe die Hartnäckigkeit von Landrat Stefan Frey zu der sehr erfolgreichen Impfaktion am Wochenende geführt. Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch betonte, die Staatsregierung habe die Forderung nach Mitsprache zunächst nicht verstanden: "Wir müssen bei Einschränkungen zuerst ins Parlament gehen und nicht zuerst die Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz als Fakt verkünden, bevor der Landtag dazu gehört wird." Hundesrügge sprach sich gegen bundesweite Regelungen aus. "Wenn in Kiel Hochwasser ist, brauchen wir in Bayern keine Gummistiefel", sagte sie. Dieses Bild gefiel Kubicki sehr gut, er fragte, ob er es verwenden dürfe.

Hundesrügge lobte das Starnberger Landratsamt und vor allem die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, die sich sehr für Firmen und Restaurants eingesetzt habe: "Allein mit Geld, wie es Finanzminister Scholz austeilt, ist es nicht getan. Die Wirtschaft muss am Laufen bleiben. Die Kommunen brauchen funktionierende Betriebe, die Gewerbesteuer zahlen. Denn nur dann können wir Kindergärten, Schwimmbäder und die Kultur in unseren Orten aufrecht erhalten." Durch Tests müsse man gewährleisten, dass die Menschen wieder ins Restaurant oder ins Kino gehen können. Nicht zu vergessen: Die Schüler müssten in die Schule, sie bräuchten die digitalen Medien und die sozialen Kontakte.

Auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte, wie wichtig die Balance zwischen Infektionsrisiko und Einschränkung der Freiheitsrechte sei. Nicht die Bundesregierung gewähre im Übrigen die Freiheitsrechte, diese seien vielmehr im Grundgesetz verankert, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

© SZ vom 15.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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