Öffentlicher Nahverkehr:Bahnhofsfest mit Baustellen-Flair

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Der neue Bahnsteig in Stockdorf ist fertig, auf den Zuwegen ist aber noch einiges zu tun. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In Stockdorf wird mit Ansprachen und Musik gefeiert, obwohl der Umbau noch lange nicht abgeschlossen ist

Von Michael Berzlund Carina Seeburg, Stockdorf

Ein wenig Baustellen-Flair herrscht immer noch auf dem Stockdorfer Bahnhof. Noch sind nicht alle Wände verputzt, auch drei Tage vor der Einweihungsfeier am Samstag stehen Absperrzäune an der Straße. Steigt man an diesem Mittwoch in Stockdorf aus der S-Bahn, trifft man auf laute Baumaschinen und etwa 20 Arbeiter und Monteure. Vieles steht schon: Der Bahnsteig wurde um 20 Zentimeter erhöht, was ein barrierefreies Ein- und Aussteigen ermöglicht, und die Bahnsteigüberdachung ist fertiggestellt. Nach einem Aufzug sucht man auf dem neuen Bahnsteig aber noch vergeblich. Provisorische Holzgeländer führen in die neu gebaute Fußgängerunterführung, die von der Alpenstraße aus zu erreichen ist. Ein großes Loch klafft in der Wand, wo künftig ein Aufzug die Unterführung mit dem Bahnsteig verbinden soll.

Wie wichtig das ist, erleben Fahrgäste fast jeden Tag. "Der barrierefreie Zugang ist eine große Bereicherung", freut sich zum Beispiel die 50-jährige Gerlinde Simon, die an Multipler Sklerose erkrankt ist. Seit 1990 wohnt die Frührentnerin in Stockdorf, sie erinnert sich, dass sie sich auch als junge Mutter über einen Aufzug gefreut hätte. Damals konnte sie selbst die Stufen auf der alten Treppe allerdings noch mühelos nehmen. Heute sei es für sie ein Ding der Unmöglichkeit, einen Rollator die Treppen hinaufzubringen. Auch der 82-jährige Fritz Höllerer, der seit seinem zweiten Lebensjahr in Stockdorf lebt, erzählt, dass er manchmal den etwas weiteren Weg nach Planegg in Kauf nahm, um ein Fahrrad mitzunehmen.

Dem Ende der Bauarbeiten sehen die Stockdorfer mit Vorfreude entgegen. Auch Fahrradständer und eine neue Toilettenanlage soll es geben. Bis der Bahnhof tatsächlich barrierefrei ist, bauen die Stockdorfer auf nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft. Lange müsse man nicht warten, sagt die 58-jährige Esther Gerdts und lacht, weil ihr ein Baustellenmonteur Hilfe angeboten und ihr Gepäck die Stufen zum Bahnsteig hinaufgetragen hat. Die Freiberuflerin muss beruflich oft ins Ausland und ist in der Vergangenheit mit schwerem Gepäck oft nach Planegg ausgewichen. Der alte Bahnhof sei katastrophal ausgestattet und dreckig gewesen, sagt sie. Die Freude über den Neubau ist daher groß.

Allerdings war der aufwendige Umbau mit erheblichen Belastungen für die Nachbarn verbunden. Die Stockdorfer, die in der Nähe der Bahnlinie wohnen, haben ein schwieriges Jahr mit viel Krach, schlaflosen Nächten und einigen Einschränkungen hinter sich. Da wurden zum Beispiel nachts mit schwerem Gerät Spundwände in den Boden gehämmert, sodass in den Häusern an der Bahnstraße und der Alpenstraße die Gläser in den Schränken klirrten. Monatelang hielt keine S-Bahn, Pendler mussten auf dem Weg zur Arbeit nach München zuerst mit dem Bus nach Planegg fahren. Für Autofahrer ist der Baustellenbereich und damit auch die Bahnunterführung immer noch gesperrt. Sie müssen über die Pentenrieder Straße in Krailling ausweichen.

Das meiste ist überstanden, nun wird gefeiert mit Segen und Ansprachen, Musik und Tanz. Zum Auftakt um 11.30 Uhr spielt die Stockdorfer Blaskapelle, ehe Pfarrer und Bürgermeisterin sowie Vertreter von Bahn und Baufirma ihre Ansprachen halten. Wirtschaftsförderer Fabian Kühnel-Widmann hat ein Programm bis 19 Uhr organisiert, in dem Buben und Mädchen aus dem katholischen Kindergarten und eine Gruppe der Musikschule ihren Auftritt haben. Der Gitarrist Claus Angerbauer und die Sängerin Christina Jesinghaus spielen Rock-, Pop- und Folksongs, Eltern-Kind-Programm, Feuerwehr und Café Harter sind mit Ständen vertreten. Das Team der Musikkneipe "Baumhäusl" verkauft Pommes und Burger.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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