Neujahrskonzert in Dießen:Alle Register gegen die Kälte

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Der Trompeter Hans-Jürgen Huber und Stephan Ronkov an der Orgel sind beim Auftritt im Marienmünster warm angezogen. (Foto: Georgine Treybal)

Im Marienmünster beweist das durchgefrorene Publikum Durchhaltevermögen

Von Reinhard Palmer, Dießen

Will man ein Konzert besonders feierlich beginnen, um Silvester oder Neujahr glanzvoll zu begehen, dann darf Musik des Komponisten Georg Friedrich Händel nicht fehlen. Das war beim Konzert im Dießener Marienmünster hier umso wichtiger, da die Suite D-Dur - Variante zur Wassermusik-Suite Nr. 2 - dem vor Kälte bibberndem Publikum wieder etwas Leben einhauchte und ihm Mut machte, bis zum Schluss auszuharren. Für den Trompeter Hans-Jürgen Huber und den Organisten Stephan Ronkov war das Werk auch schwungvoll genug, um die Finger aus der Kältestarre zu erwecken und nach einem hymnisch großen Kopfsatz zur heiteren Leichtigkeit bis zu tänzerischer Vergnüglichkeit zu finden.

Mit Händel war die Standardliteratur weitgehend abgefeiert, abgesehen von einem kleinen Intermezzo Johann Sebastian Bachs mit dem zauberhaften Stück "Jesus bleibet meine Freude", in dem Huber seinen weichen Ansatz und seine feinsinnige Tonmodellierung besonders gut vorführen konnte. Im Zusammenspiel der beiden Virtuosen bestand eine Homogenität, die eine einhellig reiche Differenzierung ermöglichte, in der es mitunter um eine sorgfältig ausbalancierte Farbigkeit ging. Dabei setzte Ronkov auch das Weichzeichnen des Schwellwerks an der Orgel wirkungsvoll ein. Die Rücknahmen erhielten dadurch einen magisch-entrückten Klang. Aber auch sonst suchte Ronkov, die Sensibilität der Orgel unter Beweis zu stellen. Interessant war dabei die Dualität Bachs Concerto a-Moll in der Bearbeitung von Vivaldi: Zwei sehr unterschiedliche Charaktere, deren musikalische Auffassungen zwischen dem Ernst Bachs in plastischer Fülle und Vivaldis bildhafter Narration in rhythmisch markanter Diktion sich dennoch nebeneinander gleichwertig und stimmig behaupten konnten.

Die Raritäten im Programm brillierten vor allem mit hemmungslosem Farbenreichtum. Dass Vincenzo Bellini ein Meister der romantischen italienischen Oper war, offenbarte auch sein Concerto in E-Dur. Huber und Ronkov versüßten das Klangbild, stimmten nach einer feierlichen Einleitung einen melodischen Gesang an, verzauberten aber auch mit beschwingter Heiterkeit, die im unmittelbaren Kontrast zur melodiösen Molltrübung aufblühte. Der solistischen Orgel gab der Belgier Jacques-Nicolas Lemmens ähnliche Möglichkeiten. In seiner "Fanfare" dominierte entsprechend eine rhythmisierte Heiterkeit.

Ronkov behielt für den letzten großen Akt einen Trumpf in der Hand: Im großen Finale aus der Première Sonate des französischen Orgelvirtuosen Alexandre Guilmant bekam er die Möglichkeit, aus dem Vollen zu schöpfen. In diesem toccataartigen Satz zog Ronkov alle Register, zog sich aber auch in den Gesang des Schwellwerks zurück, um nach dieser stillen Besinnung mit einer fulminanten Schlusspassage das Eis vom Publikum weg zu sprengen. Im Marienmünster gab es auch viel Applaus und eine Zugabe.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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