Neues Kulturprogramm:Vertrautes, Verstörendes

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Ein Albtraum: Szene aus "Alice" in der Inszenierung des Metropoltheaters München. (Foto: Jean-Marc Turmes)

Gautinger Bosco setzt auf bekannte Kabarettisten und gefeierte Theater

Von Armin Greune, Gauting

Das Stammpublikum im Bosco hat sich den Termin sicher schon rot markiert: Am Samstag, 24. November, beginnt der Vorverkauf für die kommende Saison des Gautinger Theaterforums. Von 10 bis 12 Uhr kann man sich im Theaterbüro am Oberen Kirchenweg die begehrten Karten persönlich sichern, nachdem man eine Wartenummer gezogen und sich in die lange Schlange eingereiht hat. Geduld ist dann auch am Telefon gefragt - denn die Rufnummer 089/4523 8580 ist am ersten Verkaufstag fast durchgehend besetzt, auch wenn zwei der vier Mitarbeiterinnen Anrufe entgegennehmen.

Zu den Angeboten im ersten Halbjahr 2019, für die Tickets wohl am raschesten vergriffen sein werden, zählen vor allem die Kabarettabende. Bis zum kommenden Juni kann man im Bosco ein Wiedersehen mit Severin Groebner - er führt sein Programm "Der Abendgang des Unterlands" am 18. Januar auf -, Alfred Dorfer ("und...", 16. März) und Simone Solga ("Das gibt Ärger", 2. Mai) feiern. Wie schon heuer wird zu Jahresanfang wieder Robert Griess seine "Endabrechnung" präsentieren. Seit zwölf Jahren serviert er im Quartett mit wechselnden Kollegen eine satirische Jahresbilanz als "Schlachtplatte". Am 19. Januar 2019 wird er mit Axel Pätz, Sebastian Schnoy und Nils Heinrich im Bosco auftreten, wo Griess zuletzt mit dem Solo "Hauptsache, es knallt!" auf der Bühne stand.

Die notorische Quasselstrippe Arnulf Rating gastiert mit "Tornado" am 14. März, der 67-Jährige aus dem Ruhrgebiet war seit 2010 mit seinen Programmen "Aufwärts", "Stresstest Deutschland" und "Rating akut" schon dreimal in Gauting zu Gast. Zweimal machte dort bislang Claus von Wagner Station, nun präsentiert er am 23. Februar seine "Theorie der feinen Menschen", die schon im Sommer 2017 in der Starnberger Schlossberghalle zu sehen war. Und auch die Wellküren ("Abendlandler", 22. Februar) sowie Sissi Perlinger ("Ich bleib dann mal jung", 4. April) zählen zu den alten Bekannten im Bosco.

Erstmals mit Soloprogrammen treten hingegen Mathias Tretter ("Pop", 16. Mai) und Tina Teubner im Bosco auf, sie wird allerdings am 18. Mai bei "Wenn du mich verlässt, komm ich mit" von Ben Süverkrüp am Klavier unterstützt. Eine Premiere für das Würmtal und Fünfseenland ist das Gastspiel von Martin Zingsheim: Der junge Musikkabarettist aus Köln, selbst vierfacher Familienvater, beeindruckte kürzlich in Lenggries mit originellen Einsichten ins Familienleben und rhetorischer Meisterleistung. Zingsheims zum Teil im rasenden Tempo vorgetragene Verzichtserklärung "Aber bitte mit ohne" läuft am 24. Januar.

Erfahrungsgemäß sind dort auch die Gastauftritte des famosen Münchner Metropoltheaters schnell ausverkauft. Das Ensemble bringt nun mit "Alice" von Tom Waits und Robert Wilson ein kluges, magisches Anti-Musical mit, das nicht nur Lewis Carrols Märchen, sondern auch die pädophile Obsession des Autors thematisiert. Die Kritik feierte die Uraufführung von Philipp Moschitz' Inszenierung vor einem Jahr als ein abgründig-surreales Spektakel aus Alb- und Tagtraum. Das Stück ist im Bosco an den drei Abenden vom 10. bis 12. März zu sehen. Weiter gastiert am 29. Januar das Theater der Altmark mit dem ersten Teil von Goethes Faust. Hinter der Regie steckt ein im Fünfseenland vertrautes Gesicht: Der Dramaturg, Schauspieler und Rezitator Alexander Netschajew wuchs in Tutzing auf, wirkte lange in Dießen und ist zuletzt sechs Jahre lang Intendant des Stendaler Theaters gewesen.

Am 17. Mai kommt in Gauting das Deutsche Theater Berlin vorbei, das dort seit der Premiere 2014 mit "Transit" von Anna Seghers Erfolge feiert. Die im Vorjahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete Autorin Natascha Wodin liest am 29. Juni aus ihrem Buch "Sie kam aus Mariupol", in dem sie das Schicksal ihrer von den Nazis als Zwangsarbeiterin verschleppten Mutter nacherzählt. Im Anschluss an ihre Lesung spielt Gilla Kremer vom Ensemble der Hamburger Kammerspiele Szenen aus Wodins Roman "Einmal lebt ich": einer erschütternden Autobiografie , die von Kinderheimen und Obdachlosigkeit im Nachkriegsdeutschland handelt.

Puppentheater für Erwachsene darf das Publikum erwarten, wenn am 6. Februar nächsten Jahres das Theater Zitadelle die Komödie "Die Berliner Stadtmusikanten" mit skurrilen Figuren und mit Livemusik präsentiert.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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