Nepomuk:Tschuldigung für alles

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Irren ist menschlich. Und beichten macht frei - insbesondere zum Jahresende.

EUER NEPOMUK

Die schlimmsten Fehler", sagt Jean Paul, der große Schriftsteller und Zeitgenosse von Friedrich Schiller, Goethe und Hölderlin, der den "Siebenkäs" schuf, den "Jubelsenior" und nebenbei eine reizende Kanapee-Szene mit der jungen Gräfin Schlabrendorff, ein Meister also, den einst auch die mit allen möglichen Dichtern befreundete Autorin Charlotte von Kalb verehrte, wegen oder trotz seiner sich dahinziehenden, nie enden wollenden Sätze, an die später allenfalls ein Thomas Mann anzuknüpfen vermochte - die schlimmsten Fehler. . . Ja gut, Leute, war ein Versuch. Aber was soll's: Ich bin nicht Jean Paul. Ich kann nur kurze Sätze. Ganz kurze. Und ich geb's auch gleich zu, bevor mir irgendjemand daraufkommt: Ich hab noch nie was von Jean Paul zu Ende gelesen, einfach weil ich's nicht verstanden hab'.

Ja, der Mensch soll ruhig mal was zugeben. Das tut verdammt gut, man fühlt sich viel leichter hinterher und so frei und klar, wenn ihr wisst, was ich meine. Sagt zwar nicht Jean Paul, aber jeder Küchenpsychologe. Und wenn wir schon bei den Geständnissen zum Jahresende sind, kann ich's euch ja gleich mal beichten: Erstens bin ich nicht verheiratet, weder mit Frau von Kalb noch mit Gräfin Schlabrendorff oder ihren Nachfahrinnen, denn das ist unvorstellbar: ein freiheitsliebender Geist, der sich unters Joch der Ehe begibt. Ich weiß auch nicht, warum ich das geschrieben hab', wahrscheinlich wollt' ich mich nur wichtig machen. Und zweitens fahr' ich auch kein grünes Mofa. Keine Ahnung, wie dieser Unfug aufgekommen ist. Euer Nepomuk auf einer stinkenden Knatterkiste unterwegs in den verschlungenen Tempo-30-Zonen Starnbergs - das ist total lächerlich und fast so, als würde Baron Münchhausen auf einem Semmelknödel durch die Luft reiten und nicht auf einer Kanonenkugel. Die Wahrheit ist: Euer Nepomuk schwebt von Ort zu Ort. Womöglich fand die Redaktion das zu esoterisch und hat deshalb das Mofa erfunden. Sie hat sozusagen in der Absicht, einen Fehler zu korrigieren, einen viel schlimmeren Fehler fabriziert. Wovor schon Jean Paul warnte.

Ziemlich erfolglos allerdings, wie auch das Beispiel meines lieben alten Freundes Schiller lehrt. Also Christian Schiller. Denn was die größten Fehlleistungen des Jahres betrifft, dürfte die bürgermeisterliche Entscheidung, der Ehefrau des Herrschinger Aufrührers Gerhard Knülle den Laufpass zu geben, ganz vorne rangieren. Warum darf die Gute den Männerchor aus der italienischen Partnergemeinde nicht mehr betreuen? Weil sie den schlimmen Fehler gemacht hat, dem Rebellen Knülle zu nahe zu stehen. Ja, liebe Leute, Heiraten kann wahnsinnig gefährlich sein, weiß

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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