Nepomuk:Monster gegen Bibelvers

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Die Zeugen Jehovas haben unerwartete Unterstützung bekommen

Von Eurem Nepomuk

Als Wassergeist hab' ich ja jahrhundertelange Erfahrung mit unnatürlichen Wesen, das wisst ihr. Mit dem Gespenst von Canterville bin ich weitläufig verwandt, und mit meinem alten Freund Hui Buh treff' ich mich auch manchmal. Das ist immer purzellustig, wenn wir die Leute erschrecken. Dabei bin ich selber auch ganz schön schreckhaft, vor allem, wenn es um den Zeitgeist geht. Das neue Handyspiel Pokémon Go ist so einer. Immerhin schafft es dieser komische Geist, dass mediensüchtige Kids plötzlich freiwillig an die frische Luft gehen. Und dort laufen sie auch noch kilometerlang über Stock und Stein? Das schaffen nicht einmal die Eltern dieser Couchpotatoes. Das Spiel funktioniert wie eine digitale Schnitzeljagd. Aber das wisst ihr wahrscheinlich sowieso schon. Auf die Navigationskarten am Handydisplay werden die kleinen Pocket-Monster eingeblendet. Man muss real zu den Adressen laufen und kann die Comicfiguren dann am Handy "einfangen". Auch in Gilching, hab' ich festgestellt. Glumanda, Taubsi, Pikachu, Mew - und wie sie alle heißen, diese Quälgeister, warten schon auf die Spieler. Aber nicht nur sie. An speziellen Pokéstops können virtuelle Hilfsmittel gefunden werden, mit denen man die Comicfiguren leichter einsammeln kann. Meist sind diese Stops an sogenannten Points of Interest (POI). So wie Neuschwanstein oder die Windräder in Berg oder das Kloster Andechs. In Gilching freuen sich jetzet die Zeugen Jehovas. Endlich Besuch! Das Gebetshaus mit dem klingenden Namen "Königreichssaal" ist nämlich einer dieser "Pokéstops". Es kann sich nur noch um Tage handeln, bis die Gilchinger Monsterjäger scharenweise vor der Pforte stehen. Dann liegt es an der Kreativität der Religionsgemeinschaft, das unerwartete Potenzial vor der eigenen Haustür für ihren Missionsauftrag zu nutzen: Bibelvers gegen Pocket-Monster. Eine typische "Win-Win"-Situation, meint

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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