Nepomuk:König Carlo und der Steg

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Warum Karl Roth unbedingt auf dem neuen Andechser Badesteg zum Altlandrat ernannt werden sollte

Kolumne von Eurem Nepomuk

Mei liebe Leut', was brummt mir der Schädel! Da hab' ich mich doch vor Kurzem mal wieder in den Ammersee zurückgezogen. Und dann ruft mich die Nepomuka an und beordert mich heim in den Starnberger See, weil unterm Sofa plötzlich das Wasser höher stand als sonst. Also tauche ich in Wartaweil schnell auf - und rumms macht es! Mit dem Kopf knall' ich plötzlich gegen so ein neues, 20 Meter langes Holztrumm im Wasser. Verwundert reib' ich mir die Augen: endlich ein Steg für die Gemeinde Andechs? Tatsächlich: Wie ich ans Ufer schau', sind alle da. Sogar der Carlo, unser früherer Landrat. Gestrahlt hat der. So sehr, dass ich mir gedacht hab', hätte der Karl Roth keine Ohren, würde es rundherum laufen, sein Grinsen.

Ganz ehrlich: Ich versteh' den Carlo ja, und das nicht nur, weil er viele Jahre für diesen Steg gekämpft hat. Sondern weil er eigentlich, seit er im Ruhestand ist, kaum mehr öffentlich in Erscheinung getreten ist. Man muss sich das mal vorstellen: Zwölf Jahre lang bist du permanent im Visier der Bürger und der Presse, wirst zur Flüchtlingskrise befragt, zur Coronakrise, zur Gymnasiumskrise in Herrsching und zu all den anderen Krisen. Und jetzt fragt dich grad noch deine Frau, ob dir das Frühstücksei schmeckt. Aber am Dienstag war der Carlo wieder gefragt. Und ein paar Ehren sind ihm auch zuteil geworden, dem Armen, der wegen Corona nicht mal ordentlich verabschiedet worden ist. Der Bürgermeister Scheitz Schorsch also hat immerhin den Steg nach ihm benannt. "Zum Charly" heißt der jetzt. Und Carlos Nachfolger, der Frey Stefan, verlieh ihm sogar den Titel "König". Wurde aber auch Zeit. Der Carlo ist ja noch nicht mal zum Altlandrat ernannt worden, obwohl sich alle Kreisräte längst einig sind, dass er das werden soll. Aber es ist ja immer noch Corona: Daher bislang keine Feier, kein Ehrentitel.

Das soll jetzt alles im Oktober nachgeholt werden. Aber wie die Feier ablaufen soll, weiß bislang noch kein Mensch. Nur ich. Zumindest hätt' ich da eine Idee: auf dem neuen Andechser Steg natürlich. Denn das hat mir der Carlo verraten: Wie lange er schon davon geträumt hat, dort im Strandbad mal mit einem Glaserl Rotwein auf einem Steg sitzen und in den Sonnenuntergang schauen zu können. Seit den Siebzigern träumt er das schon. Damals war das Strandbad noch ein Campingplatz und der Carlo bei der Polizei in Herrsching. Nach der Nachtschicht habe er oft auf dem Campingplatz übernachtet. Und als beispielsweise der Segelclub in Herrsching abgebrannt sei, hätten ihn die Kollegen dort mitten in der Nacht wieder abgeholt. "Das muss man sich mal vorstellen", sagt der Carlo dann gern.

Ja, und deshalb stell' ich mir vor: Der Carlo wird Altlandrat auf dem Steg, und ich bring den Rotwein mit. Könnt' nur sein, dass mir am nächsten Tag wieder der Schädel brummt. Und schuld dran ist dann kein Steg, ahnt

© SZ vom 24.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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