Nepomuk:Antrag auf Unfähigkeit

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Warum auch ein alter Fuchs wie der ehemalige Landrat Heinrich Frey manchmal scheitert

Kolumne von Eurem Nepomuk

Neulich hat mich mein Cousin Nepomuk der XVIII. besucht - oder sagen wir besser: heimgesucht. Denn, unter uns, ich kann den Kerl nicht ausstehen. Ein furchtbarer Angeber ist der. Ein Aufschneider vor dem Herrn. Kann alles, weiß alles und kostet einen den letzten Nerv mit seiner elenden Rechthaberei. Den ganzen Nachmittag hat er mich belästigt, unablässig über seine tollen Taten gequatscht und dabei meinen besten Rotwein gesoffen. Vor allem Letzteres nehme ich ihm wirklich übel.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht. Aber ich fühl' mich in Gegenwart von solchen Kerlen immer wie ein elender Depp. Einer, der gar nichts auf die Reihe bringt. Gottlob ist mein alter Spezl Heinrich Frey da ganz anders - ihr wisst schon, er ist der Altlandrat. Mit dem treff' ich mich wirklich gern. Nicht nur, weil er einen guten Rotwein hat und den auch freigiebig rausrückt. Aber auch ihm passiert mal das ein oder andere Malheur.

Kürzlich zum Beispiel: Da hat der Heinrich als ordentlicher Pensionär seine Steuererklärung zusammengepinselt, alles artig in die Vordrucke eingetragen, den Packen zum Finanzamt hochgeschleppt und in den dafür vorgesehenen Briefkasten geworfen. Zufrieden mit sich und der Welt ist der Heinrich dann wieder heimgepilgert - schließlich hat er alles rechtzeitig noch im Mai abgegeben. Doch nach zwei Wochen lag in seinem Briefkasten ein Schreiben vom Finanzamt, in dem er angewiesen wurde, die Steuer gefälligst online abzugeben. Was soll das denn?

Der Heinrich hat sich also murrend an seinen Laptop gehockt und es trotz aller Mühe nicht geschafft, das Elster-Steuerprogramm runterzuladen. Stund' um Stund' verstrich, doch es hat einfach nicht hingehauen. Fast wäre er in seinem Zorn sogar mit einem seiner unzähligen Schnitzmesser auf den Computer losgegangen. Jedenfalls musste seine treu sorgende Ehefrau Barbara ihn ständig mit Eiswürfeln runterkühlen.

Irgendwann, ein paar Tage und etliche Schweißperlen später, hat der Heinrich dann aufgegeben. Er hat seine Papiererklärung eingepackt und ist wieder raufmarschiert zum Finanzamt. "Ich krieg's nicht hin", hat er geflüstert. Und dabei reichlich zerknirscht geguckt. "Dann müssen sie einen Antrag auf Härtefallregelung stellen", sagte man ihm dort. Da war er bedient. Im Klartext: ein Unfähigkeitsantrag! Daheim soll er sich in eine ganze Badewanne voll Eiswürfel gehockt haben. "Unfähigkeitsantrag" - der große Heinrich. Frechheit! Irgendwann hat der Gute den Finanzbeamten seine Unfähigkeit schriftlich gegeben und die Steuererklärung noch mal im Papier hochgeschickt. Mal sehen ob's jetzt klappt. . .

Da fällt mir ein: Wo ist eigentlich mein Schuhkarton mit dem Steuerzeugsel?, fragt sich ängstlich

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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