Nepomuk:Alpträume im Schlaraffenland

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Äpfel und Zwetschgen sind prima, auch in rauen Mengen - aber nicht für Tiere und Geister

Kolumne Von Euer Nepomuk

Leute, hab' ich wieder schlecht geschlafen. Fühl mich wie gerädert. Und das liegt nicht am Vollmond: Es geht schon seit Wochen so. Erst bin ich immer aufgeschreckt, weil pfundschwere Äpfel herunter plumpsten. Fenster zu war keine Lösung, da wurde es im Kobel so stickig, dass sich der Schweiß auf meinen krampfhaft geschlossenen Lidern sammelte. Seitdem schüttel ich tagsüber ab, was mich nachts als Fallobst wecken könnte. Dafür grübelte ich im Bett, wohin die ganze Pracht soll. Aber alle Zubereitungsformen sind längst ausgeschöpft: Ich kann keinen Strudel und Kuchen mehr sehen. Die Saftpressen sind dicht, verschenken macht keinen Sinn, seitdem jeder zweite Gartenbesitzer eine Kiste an die Straße gestellt hat, um gratis Fallobst feil zu bieten. Wenn's klingelt trau' ich mich kaum an die Tür - aus lauter Angst, jemand will mir wieder Obst andrehen.

Wie tief bist du gesunken, Apfel! Als verführerischste Frucht im Garten Eden brachte Eva einst mit dir den Adam vom Pfad der Tugend ab, bei den alten Griechen warst du der Schönheitspreis. Und nun vergammelst du haufenweise. Irgendwann fand ich mich endlich mit der nicht abzuwendenden Verschwendung ab. Doch dann begann das mit den nächtlichen Geräuschen. Ich will mal nicht beschreiben, wie das klang, aber es war nicht appetitlich - eher das Gegenteil, verdauungstechnisch gesehen. Und immer um drei oder vier Uhr früh. Gestern klärte mich die Nachbarin auf: Ihr Hund habe sich täglich an herumliegenden Zwetschgen randvoll gefressen. Mitten in der Nacht plagte ihn dann ein dringendes Bedürfnis und er winselte so erbärmlich, bis Frauchen ihn in den Garten ließ. Seit nun die Ursache klar ist, darf Fiffi nach 16 Uhr nicht mehr Gassi. Endlich Ruhe.

Aber nun suchen mich Alpträume heim: Bäume bombardieren mich mit melonengroßen Äpfeln, ächzend zerbrechen Saftpressen, die hervorquellende Flut schneidet mir die Fluchtwege ab. Von gärenden Trauben berauschte Hornissen greifen von oben an - bis ich klatschnass im Laken aufwache. Ja wirklich, ein Leben im Schlaraffenland ist auch kein Zuckerschlecken, findet

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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