Nachwuchsförderung:Familienferien mit viel Musik

Lesezeit: 3 min

Stargeigerin Julia Fischer, ihre Mutter Viera Fischer und deren Lebensgefährte Clemens Vetter bieten Musikkurse in der Evangelischen Akademie Tutzing an. Mehr als 70 Schüler aus aller Welt sind heuer wieder der Einladung gefolgt

Von Sofie Henghuber, Tutzing

Eine Gruppe junger Mädchen läuft kichernd über den Innenhof der Evangelischen Akademie. Ein ungewohntes Bild für die sonst als Tagungshaus bekannte Einrichtung - der übliche Besucher hat das Jugendalter meist längst hinter sich. Der überdrehten Kinderschar folgen ein paar Mütter und Väter mit ernsteren Gesichtern. Sie sind in den Ferien schließlich nicht nur zum Spaß, sondern auch zum Lernen und Verbessern nach Tutzing gekommen. Mehr als 70 Teilnehmer haben sich zu den Musikferien mit Schirmherrin Julia Fischer angemeldet, ein fünftägiges Programm mit Kursen verschiedenster Art.

Eva Schmölzer (rechts) aus Graz hat sich gegen 30 Mitbewerber durchgesetzt und darf den Meisterkurs von Julia Fischer. (Foto: Georgine Treybal)

Clemens Vetter ordnet sich selbst als passionierten Amateurmusiker ein, er spielt Klarinette und Klavier. Vor zehn Jahren lernte er Julias Mutter Viera Fischer kennen, seitdem sind sie ein Paar. Die Idee für die Musikferien hatte Viera bereits vor mehr als 20 Jahren, zunächst setzte sie diese am Vierwaldstätter See in der Schweiz um. Vetter stieg in die Organisation der Musikferien mit ein, seit 2015 ist er der Hauptverantwortliche und brachte so die Veranstaltung nach Tutzing. "Die Musikferien sind kein Eliteverein - ganz im Gegenteil, hier kann selbst ein blutiger Anfänger teilnehmen", sagt der 72-Jährige. "Aber das gilt natürlich nicht für unsere Dozenten, die haben alle ein herausragendes Niveau."

Die zehnjährige Carla Lichtenthaler erhält Klavierunterricht bei Viera Fischer. (Foto: Georgine Treybal)

Und es gilt erst recht nicht für den Meisterkurs Geige, der von Julia Fischer persönlich abgehalten wird. Aus circa 30 Bewerbern werden dafür nur vier angenommen. "Natürlich haben sie alle gute Fähigkeiten an der Geige. Entscheidend ist allerdings nicht, wer der Beste ist, sondern bei wem Julia das Gefühl hat, er würde am meisten von der gemeinsamen Zeit profitieren", merkt Vetter an. Nach den Kursen wird jeden Abend zusätzlich eine Möglichkeit geboten, Auftrittserfahrung im Rahmen eines kleinen Konzertes zu sammeln. An diesem Samstag, 4. Januar, findet außerdem um 19 Uhr ein öffentliches Konzert im Roncallisaal in Tutzing statt. Der Eintritt ist frei. Am Donnerstag war bereits das Auftaktkonzert der Dozenten.

Einige der ehemaligen Teilnehmer haben es in der Musikwelt weit gebracht. Der österreichische Violinist Emmanuel Tjeknavorian beispielsweise, er besuchte Fischers Meisterkurs im Jahr 2015. Auch Amelie Held, deutsche Organistin, nahm an einem früheren Kurs am Piano teil. "Viele hier haben den Traum, eines Tages Solist zu werden. Aber Solist kann man nicht einfach werden, man muss sich der Musik mit ganzem Herzen widmen", sagt Vetter, "daher nutzen die Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 23 Jahren auch ihre Ferien zum Lernen und Üben." Abseits des Unterrichtes von 9 bis 18 Uhr gibt es genügend Zeit und Raum zum Entspannen: Ein Zimmer mit Tischtennisplatten und Malzeug steht zur Verfügung. Auch das kulinarische Angebot aus der Bio-Küche der Akademie lädt zum Schlemmen ein.

Von 18.30 Uhr an kann dann am Orchester teilgenommen werden. Der Violinist Kirill Troussov ist zum dritten Mal als Dozent dabei. Der gefragte Solist hat im Alter von vier Jahren mit dem Erlernen des Violinspiels begonnen und etliche Preise dafür erhalten. An dem Tutzinger Programm schätzt er besonders, dass "das Miteinander im Vordergrund steht. Es sind fünf arbeitsintensive Tage, aber was man den jungen Studenten hier an Technik und Erfahrung weitergeben kann macht die Mühe wett. Es ist wichtig der nächsten Generation mitzugeben, was wir erarbeitet haben", erklärt Troussov. Das Miteinander sei auch besonders, weil die Schüler aus aller Welt kommen: "Es sind Spanier, Japaner, Norweger, Franzosen, Italiener und Taiwanesen mit dabei - sie alle bauen hier ein Netzwerk auf und geben sich gegenseitig den nötigen Ansporn. Das ist toll mitzuerleben." Neben dem 37-Jährigen Troussov geben unter anderen Andreas Janke, Matthias Gredler und Henri Bonamy in der Akademie Unterricht. Alle Dozenten wurden von Julia Fischer sorgsam ausgewählt.

Die zehnjährige Carla Lichtenthaler ist bereits zum zweiten Mal als Schülerin dabei. "Musikalisch und pädagogisch ist hier höchstes Niveau geboten, ich kann die Musikferien auch im Vergleich mit ähnlichen Veranstaltungen durchweg empfehlen", sagt ihre Mutter Giovanna Oddo. Im März 2020, nach einem Urlaub, beginnt für Vetter die Planung für das nächste Jahr. "Wir bieten hier etwas Einzigartiges, weil wir alle Bedürfnisse eines Vollblutmusikers verstehen," sagt der Organisator. Kein Wunder, da die Lehrenden für die Musik leben.

© SZ vom 04.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: