Mode und Politik:Die Rockmacherin

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Caroline Lauenstein, die Frau des Schondorfer Bürgermeisters Alexander Herrmann, steht auf eigenen Füßen. In der hiesigen Modewelt hat sie sich längst einen Namen gemacht, aber sie ist auch ehrenamtlich engagiert

Von Astrid Becker, Schondorf

Wer Caroline Lauenstein zum ersten Mal begegnet, könnte sie für eine Einheimische halten. In ihrem Fall also für eine Frau, die schon immer am Westufer des Ammersees zu Hause war. Weil sie geerdet und natürlich wirkt, aber dennoch die Aura eines künstlerisch ambitionierten Menschen besitzt, wie sie so gern in dieser Ecke der Region zu finden sind. Spricht man sie jedoch darauf an, bekommt man ein kleines feines Lachen zu hören und dann den Satz: "Ich komme aus Hamburg."

Trotzdem ist die 48-jährige Maskenbildnerin, die früher an einem Theater in ihrer Heimatstadt gearbeitet hat, längst hier in Schondorf angekommen - und das mag keineswegs nur daran liegen, dass es ihr Mann, Alexander Herrmann, bei der Kommunalwahl 2014 sogar bis zum Bürgermeister geschafft hat. Ein Grüner und ein Mensch, dem nachgesagt wird, für seine Überzeugungen, egal welcher Art, einzustehen. Ein Anderer würde es auch wohl kaum mit Caroline Lauenstein aushalten, denn auch sie ist eine, die sehr genau weiß, was sie will. Und bei ihr waren es irgendwann vor ein paar Jahren Röcke. Aber nicht irgendwelche Röcke. Sondern sie hatte eben genau im Kopf, wie diese aussehen sollten, und genau so etwas fand sie nirgends. Also nähte sie sich einen solchen Rock einfach selbst. Ein "solcher" Rock, das ist für Lauenstein, ein Kleidungsstück, das feminin wirkt, aber nicht aufträgt, das ebenso elegant wie sportlich in Szene zu setzen ist - und mit dem Frauen immer richtig angezogen sind, egal, zu welcher Gelegenheit. Wie mit einem Dirndl, das die dunkelblonde Frau so sehr liebt.

Die Frau des Schondorfer Bürgermeisters in Rock und Bluse aus Eigenproduktion. (Foto: Nila Thiel)

Bereits mit acht Jahren, erzählt sie, habe sie so ein Gewand besessen, später jedoch, als ihre drei Kinder klein gewesen seien, fast nur mehr Jeans und T-Shirts getragen. Heute sind ihre beiden Töchter 13 und 19 Jahre alt, ihr Sohn 16. Und da war dann irgendwann wieder der Gedanke im Kopf, endlich mal wieder weiblicher wirken zu wollen. Am besten mit einem Stück, das Assoziationen an Tracht wach werden lässt, ohne aber auf den Hüften zu sehr aufzutragen. So die Idee - für die letztlich ihre Schwiegermutter bereits mehr als ein Jahrzehnt zuvor die ersten Samen dafür säte. Als Lauenstein und ihr Mann - ein Münchner, den sie aber am Theater in Hamburg kennenlernte - an den Ammersee zogen, durfte sie sich auf Kosten der Schwiegermutter ein Dirndl maßschneidern lassen: " Ich konnte mich damals angesichts der vielen Farben, Muster und Kombinationsmöglichkeiten kaum entscheiden, wie es aussehen sollte." Das Dirndl entstand schließlich, aber hing, wie Lauenstein über die Jahre hinweg selbst auffiel, viel zu oft ungetragen im Schrank.

Als sie besagten Rock suchte und nicht fand, kam ihr diese Tatsache in den Sinn. Chic sollte er ja sein, aber eben auch alltagstauglich. Sie setzte kurzerhand den etwas auftragenden Faltenwurf des Dirndlrockes tiefer, ließ die Hüfte wie mit einem Gürtel schlanker erscheinen, stattete ihn an der Seite mit Knöpfen aus und mixte verschiedene Stoffe.

Vintagelook, kommt einem in den Sinn. Ihre Freundinnen sind begeistert davon, wünschen sich von Lauenstein ebenfalls so ein Teil - und bekommen es auch. "Plötzlich durfte ich Stoffe kaufen, das war herrlich", sagt die Frau, die immer schon gern nähte. Als sie etwa 20 verschiedene Exemplare fertiggestellt hat, bewirbt sie sich beim Textilmarkt in Benediktbeuern: "Das ist recht schwierig da, aber ich wurde genommen." Ein Modegeschäft wird auf sie aufmerksam und bittet sie um eine ganze Kollektion. Sie sagt zu - ohne die recht eigenwillige Branche zu kennen und ohne zu ahnen, wie viel Arbeit diese Zusage mit sich bringen würde. Aber die Zeit, die sie dafür investierte, sollte sich lohnen. Caroline Lauenstein hat sich als "Die Rockmacherin" in den vergangenen zwei Jahren bereits längst einen hervorragenden Ruf in der hiesigen Modewelt erworben - auch weil sie ihre Modelle konsequent in Bayern nähen lässt und nur Stoffe aus Deutschland oder Österreich verwendet.

Weiblich, chic und alltagstauglich: Caroline Lauenstein entwirft Trachtenröcke, lässt sie in Bayern fertigen und ist stolz auf ihren Erfolg. (Foto: Nila Thiel)

Diese Art der Regionalität ist ihr ein Herzensanliegen, für das sie schon seit einigen Jahren auch ehrenamtlich kämpft. Zusammen mit ihrem Mann engagiert sie sich für "Transition Region Ammersee", gründete die Ortsgruppe Schondorf, die sich längst mit denen der Nachbargemeinden zusammengeschlossen hat. Nichteingeweihten, vom anderen Ufer des Sees etwa, dürfte sich auf Anhieb kaum erschließen, was sich da hinter verbirgt - dabei finden sich viele Projekte, die dort in Angriff genommen werden, auch andernorts: Repair-Cafés beispielsweise oder Tauschbörsen, gemeinsames Gärtnern oder auch in der Vermittlung alten Wissens. Die Idee dafür kommt aus England. Mit Lauenstein und ihren Mitstreitern hat sie nun hier Fuß gefasst.

Seit er Bürgermeister sei, habe ihr Mann nun nicht mehr so viel Zeit dafür. Als besonders schlimm empfindet sie das aber offenbar nicht, zumal er sie " bei unseren Aktivitäten noch immer unterstützt." Und: "Es ist gut für unsere Beziehung, dass wir beide etwas haben, für das wir uns einsetzen." Die Rolle des rein auf das Repräsentative beschränkte Weibchen würde zu ihr auch nicht passen.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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