Mitten in Krailling:Rathaus ohne Anschluss

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Das Landratsamt findet zuweilen die schönsten Dinge heraus, zum Beispiel, dass die Gemeindeverwaltung in Krailling bisher  unerreichbar war. Also formell

Glosse von Carolin Fries

Das Kraillinger Rathaus hängt in der Luft. Oder schwebt zwischen Bäumen in parkähnlicher Umgebung. Jedenfalls fehlt dem Gebäude der irdische Anschluss durch einen Weg, wie das Landratsamt unlängst festgestellt hat. Dabei sollte die Kreisbehörde eigentlich nur den Umbau der Rathauswohnung in Büroräume genehmigen. Doch bei dieser Prüfung fiel dem geschulten Blick eines Sachbearbeiters auf: Das Rathaus-Grundstück grenzt an keine öffentliche Fläche. Im Beamtendeutsch heißt das: "Die Erschließung ist nicht gesichert".

Den Kraillingern war das all die Jahre, die es das Wolkenschloss, äh Rathaus schon gibt, gar nicht aufgefallen. Sie fanden immer einen Weg in ihr Standes-, Bau- oder Einwohnermeldeamt irgendwo im Nirgendwo. Wagemutig schlug sich der Normalbürger durch das Niemandsland von der Rudolf-von-Hirsch-Straße zum Sitz der Verwaltung wie der Prinz in Dornröschen durch die Dornenhecke. Knapp 50 Meter Strecke durch das Nichts und dahinter - nein, kein Schloss. Aber immerhin ein geheizter Gebäudeklotz, wenn auch mit undichtem Dach. Dort wuselten Bürgermeister und Rathausmitarbeiter geschäftig durch die Gänge, und der Küchenjunge sollte gerade eine Ohrfeige bekommen - stopp, so war es natürlich nicht. Aber es war schon etwas mehr los, bevor das ganze Land von einem Virus gelähmt wurde und das Kraillinger Rathaus die Hälfte der Mitarbeiter pandemiebedingt ins Home-Office schickte.

Nun, Corona hin oder her: Jetzt ist es vorbei mit dem Märchen-Rathaus, das formell unerreichbar verborgen liegt. Der Gemeinderat hat beschlossen, das Grundstück in das durch Wege erschlossene Krailling zu integrieren. Ganz förmlich hat man den Trampelpfad entlang der Rudolf-von-Hirsch-Straße und die paar Meter zum Haupteingang des Rathauses als beschränkt-öffentlichen Fußweg gewidmet. Einen Namen hat er leider nicht bekommen, dabei wäre Schlossallee schon sehr hübsch gewesen.

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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