Mitten in Gauting:Landkreis der Felgenkiller

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Alles gibt es: Radverkehrswegeplan, Alltagsroutennetz, Zertifizierungen und Rezertifizierungen. Nur keine gescheiten Ständer

Kolumne von Michael Berzl

Es gibt das Stadtradeln, einen Radverkehrswegeplan, ein Alltagsroutennetz und vielleicht auch einmal ein flächendeckendes Leihradsystem. Eine Machbarkeitsstudie für Radschnellwege ist in Arbeit, mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Zwischenberichten. Diverse Schutzstreifen sind angelegt worden, zum Beispiel in Andechs, Berg und Gauting. Sogar eine Zertifizierung mit baldiger Rezertifizierung als fahrradfreundlicher Landkreis gibt es. Und viele fahrradunfreundliche Fahrradständer gibt es.

Dass es parallel zu mannigfaltigen Ansätzen zum großen Wurf manchmal schon im Kleinen hapert, muss feststellen, wer etwa versucht, sein E-Mountainbike vor dem Gautinger Rathaus oder dem Starnberger Landratsamt sicher abzustellen. Das ist gar nicht so einfach, wie der Feldafinger Bürgermeister und FW-Kreisrat Bernhard Sontheim monierte, nachdem er, teils muskel-, teils motorgetrieben, zur Sitzung des Mobilitätsausschusses angereist war. Da sein Velo auch bergtauglich ist, passen die dicken Stollenreifen in viele Fahrradständer gar nicht rein. Darum bat er im Ausschuss, man möge doch vor dem Eingang zum Landratsamt eine brauchbare Halterung installieren, die sich auch zum Absperren eignet.

Solche Bügel sind bisher rar im Landkreis der Machbarkeitsstudien, Zertifikate und Stadtradler. Hingeschraubt sind vielmehr immer noch etwas schmächtige Halterungen, die erfahrene Radler als "Felgenklemmer" oder gar als "Felgenkiller" schmähen. Darin wird das Vorderrad mehr schlecht als recht eingeklemmt, und wer Glück hat, kann nach der Park-Tortur ohne Achter in der Felge weiterfahren.

Solche Felgenkiller sind auch vor dem Rathaus in Gauting montiert. Neun Stück. Genau ein Dutzend Fahrräder stand am Dienstagabend kreuz und quer auf dem Vorplatz, als droben im Sitzungssaal der Gemeinderat tagte. Es scheint niemand ernsthaft zu wollen, dass Besucher oder Räte in großer Zahl mit dem Fahrrad kommen. Sonst gäbe es doch schon längst ordentliche Abstellmöglichkeiten.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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