Mitten in der Region:Jetzt auch noch Geschenke-Krise

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Natürlich ist der Lockdwohn daran schuld, dass manch einer kurz vor Weihnachten noch ohne Präsente dasteht

Glosse Von Thomas Balbierer

Die Komödie "Versprochen ist Versprochen" gehört seit mehr als 20 Jahren zu den Klassikern des seichten Weihnachtsfernsehens. In dem Film spielt Arnold Schwarzenegger einen tollpatschigen, aber im Grunde gutmütigen Familienvater, der es versäumt hat, rechtzeitig zum Fest das heiß ersehnte Geschenk des Sohnes zu besorgen: eine Turbo-Man-Actionfigur. Kurz vor der Bescherung sind die Spielzeugregale leergehamstert, selbst am Schwarzmarkt und unter Einsatz seiner vorschlaghammergroßen Fäuste bleibt dem Hasardeur das Glück verwehrt. Als der Vater dem Sohn mit leeren Händen gegenübertreten will, fügt sich das Schicksal doch zum Guten: Schwarzenegger stolpert in eine Spielzeugparade, wo er für einen Darsteller gehalten und in ein lebensechtes Turbo-Man-Kostüm gesteckt wird. Der Vater wird zum Superhelden, der Junior strahlt, das Fest ist gerettet.

Was der Film lehrt? Komm besser nicht ohne Geschenk nach Hause - je größer das Paket, desto besser. Als hätte man nicht schon genug Gewissensbisse in diesem Jahr! Erst musste man die Oma vom Festessen ausladen, dann dem zweitliebsten Pärchen für Silvester einen Korb geben. Jetzt auch noch Geschenke-Krise: Weil man sich nicht schon vor Wochen ins Innenstadtgetümmel stürzte, steht man - verflucht sei der Lockdown! - plötzlich ohne Präsente da. Schwarzenegger hilf!

In blanker Panik tippt man Begriffe wie "perfektes Weihnachtsgeschenk", "kreative Geschenkideen" und Fragen wie "was schenke ich meiner Freundin" in die Google-Suchleiste; von der Hoffnung getrieben, das Internet würde die eigene Unzulänglichkeit schon kompensieren. Funktioniert sonst doch auch. Stattdessen stößt man irgendwann auf Seite 43 der Suchergebnisse auf Dinge wie wiederverwendbares Klopapier. Für einen Moment weicht die Angst, die Bescherung als Grinch zu vermiesen, dem Forscherdrang. In einer kurzen Recherche lernt man, dass das mehrmalige Verwenden von Klopapier der Zero-Waste-Bewegung entspringt. Es handelt sich um Stofftücher, die man nach dem Toilettengang waschen könne, wie der Anbieter schreibt. Für das große Geschäft empfiehlt er folgendes Vorgehen: "Legen Sie das verschmutzte Papier in einen Maschenbeutel oder nassen Beutel oder in einen Eimer mit Wasser und Backpulver, bis es gewaschen wird." Für uringetränkte Tücher reiche die Zwischenlagerung in einem "luftdichten Behälter mit Mülldeckel" aus. Und es gibt tatsächlich Menschen, die das kaufen. In einem Online-Shop finden sich vier Bewertungen, eine amerikanische Käuferin schreibt voller Begeisterung: "Sie sind absolut bezaubernd und überraschend weich."

Die Verzweiflung ist groß, aber so groß auch wieder nicht. Die Suche muss weitergehen. Nach kurzem Überlegen schreibt man in die Google-Leiste: "Turbo Man verschenken".

© SZ vom 23.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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