Mitten in Berg:Verlängerung einkalkuliert

Wie man im Rathaus versucht, Gemeinderatssitzung und Achtelfinale unter einen Hut zu bringen

Kolumne von Sabine Bader

Auf nichts ist mehr Verlass: nicht auf die deutsche Finanzaufsicht, auf die Männer bekanntlich auch nicht und auf das Wetter sowieso nicht. Das weiß man in Berg spätestens seit vergangenen Dienstag, als am Himmel eine schwarze Wand aufzog. Wer da noch trockenen Fußes in die Apotheke schlenderte, stand fünf Minuten später beim Herauskommen schon knietief im Hagel. Dabei sehnt sich der Mensch wenigstens nach ein paar Konstanten. Da wäre zum Beispiel der Hund des Nachbarn. Er heult einfach ständig, egal was passiert. Mit zu den Unveränderlichkeiten des Alltags zählt auch der Beginn der Gemeinderatssitzungen in Berg. Um 19.30 Uhr geht es dort seit Jahr und Tag an jedem zweiten Dienstag im Monat los. Darauf ist Verlass.

War Verlass! Denn diesen Dienstag trifft sich das Gremium um 20.30 Uhr. Und warum? Wegen der Fußball-EM und der Tatsache, dass sich die Deutschen mit Standfußball ins Achtelfinale gezittert haben. Um 18 Uhr dürfen sie gegen England antreten. Sollte die Partie nach 90 Minuten nebst Pause noch nicht entschieden sein, hat der fußballbegeisterte Berger Bürgermeister Rupert Steigenberger selbst eine Verlängerung einkalkuliert. Dann wäre es 20.20 Uhr und die Sitzung könnte zehn Minuten später starten. Aber was, wenn es Elfmeterschießen gäbe? Ganz einfach: Der Gemeinderat wäre wohl erst mal nicht beschlussfähig.

© SZ vom 29.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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