Lesung:Tod in der Wanderdüne

Lesezeit: 2 min

"Eine Frau, die einen guten Job macht": Autorin Tanja Weber. (Foto: Nila Thiel)

Tanja Weber stellt ihren neuen Krimi in Gauting vor

Von Blanche Mamer, Gauting

"Ich bin die kaputten Ermittlertypen mit all den Macken so leid geworden, mit ihren gescheiterten Ehen, ihrem Alkoholismus, ihren kranken Seelen. Auch die genialistischen Detektive reizten mich nicht, da glaub' ich nicht wirklich dran. Ich wollte eine normale Figur, eine Frau, die einen guten Job macht, nah dran ist und ganz gemächlich mit den Ermittlungen vorankommt", sagt Tanja Weber auf die Frage, was den perfekten Ermittler ausmache. Weber alias Judith Arendt liest bei einer der von Sebastian Hofmüller und Matthias Friedrich organisierten "Hausbesetzungen" in der Gautinger Villenkolonie aus ihrem neuen Krimi, "Helle und die kalte Hand".

Sie liest? Eine Untertreibung. Gleich zu Beginn hat die Autorin aus Gauting die mehr als 70 Zuhörer aufgefordert, Fragen zu stellen, ins Gespräch zu kommen. Ja, Helle Jespers sei eine perfekte Ermittlerin. Ihr Vorbild war die hochschwangere Polizistin Marge Gunderson aus dem Film "Fargo", gespielt von Frances McDormand, erzählt Weber. "Ich war total fasziniert von ihr. So eine Ermittlerin wollte ich. Auch die Landschaft, diese kalte Weite von Minnesota, habe ich gesucht, doch in Deutschland nicht gefunden."

Jedoch in Dänemark, an der nördlichsten Spitze, wo Nord- und Ostsee zusammenfließen. Dazu komme, dass in dem Land, obwohl es ein gutes soziales Netz habe, eine starke rechtspopulistische Bewegung existiere und eine restriktive Migrationspolitik herrsche. Ihre Geschichten sollen gesellschaftlich relevant sein, sagt die Autorin. Eines der wichtigen Themen: der Umgang der Gesellschaft mit illegalen Migranten. Sie komme von einzelnen Bildern auf ihre Storys, da sie sich keinen Plan mache, wisse sie oft selbst nicht, wer der Mörder ist. Manchmal zeige sich, dass ein anderer Täter besser geeignet sei als der, den sie zuerst verdächtigte.

Ihre Lesung beginnt mit der Vorstellung der Polizeichefin von Skagen, Helle Jespers, eine Frau um die 50, mit einem liebevollen Ehemann und zwei erwachsenen Kindern. Sie kämpft mit den ganz gewöhnlichen Problemen einer Frau dieses Alters, Hitzewallungen, Speck am Bauch, Warten auf Nachrichten von ihrem 18-jährigen Sohn, zu wenig Kollegen in der Inspektion und ihrem sehr alten Hund. Für den behäbigen Emil stand Kaspar Pate, der Berner Sennhund der Familie Weber. Doch Kaspar ist gestorben, Emil soll aber auch noch im nächsten Krimi, den sie gerade konzipiert, dabei sein. Darüber will sie nicht sprechen, die Trauer ist zu groß.

In der anschließenden Leserunde tritt Kieran auf, der Böse, die rechte Hand von Katrine Kjaer, Führerin der Nationalpartiet, einer rechtspopulistischen und ausbeuterischen Bewegung. Kieran weiß, wie die illegale junge Asiatin gestorben ist und wie ihre Leiche in die Wanderdüne Råbjerg Mile kam. Ach ja, die Wanderdüne und das Wahrzeichen, der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr, der das Buchcover ziert, gingen durch die Medien: Der Leuchtturm, der zu versinken drohte, wurde mit großem Aufwand weiter zurück ins Land geschoben.

Ein neues Kapitel: Langsam kommt die Polizei voran. Helle und ihr Team tragen Indizien und Aussagen zusammen setzen sich auf die Spur der radikalen Partei. Es gelingt der Autorin, die Spannung zu halten, der Leser erkennt die Zusammenhänge, tappt aber bis zuletzt im Dunkeln, wer mit beteiligt ist und wer zur Rechenschaft gezogen wird.

Der zweite Fall von Kommissarin Jespers ist im Atlantik-Verlag erschienen.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: