Leoni:Lernen mit Seeblick

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Haus Buchenried hat neue Seminarbauten errichtet. Während die Angebote der Münchner Volkshochschule bei den Städtern sehr beliebt sind, wissen viele Einheimische am Ostufer gar nicht, was in Leoni geboten wird. Leiter Haager hat sich einiges ausgedacht, um dies zu ändern

Von Sabine Bader, Leoni

Was bitte gibt es Schöneres? Die Klänge von Kammermusik, Temperaturen von mehr als 30 Grad, gleißendes Sonnenlicht, der Blick auf den See. Und das Ganze in Haus Buchenried in Leoni. Wer in der Volkshochschule München ein Wochen- oder Wochenendseminar belegt, der ist in Buchenried genau richtig. Nach vierjähriger Bauzeit und vielerlei Umbauten ist die Seminareinrichtung, die es bereits seit 60 Jahren gibt, jetzt fertig. Und sie kann sich sehen lassen: das Münchner Architekturbüro "Hirner und Riehl" hat hinter der historischen Villa aus dem Jahr 1827, die der königliche Baurat Johann Ulrich Himbsel errichten ließ - heute als "Villa Hackländer" bekannt, nach dem später dort lebenden Schriftsteller Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer - drei unaufdringliche Gästehäuser hinzugefügt. Die Bauten ducken sich quasi in die Landschaft und beherbergen für die Seminarteilnehmer 50 Einzel- und fünf Doppelzimmer mit Blick auf den See. Auch die Seminarräume selbst haben Seeblick, das versteht sich bei dieser Lage fast schon von selbst. Die Fassaden der Neubauten sind mit Holzschindeln bedeckt, was einen Bezug zu den Bootshäusern am Ufer schaffen soll. Durch die moderne Bauweise sind viele kleinere und größere Terrassen entstanden. So konnten die Architekten gerade wegen ihres zurückhaltenden Baustils eine ganz persönliche Note setzen. Obwohl sie bei aller Schönheit der Umgebung vor allem die Funktionalität in den Vordergrund gestellt haben. Während im historischen Himbsel-Haus Büros und Bedienstetenwohnungen untergebracht sind, sind die Gästezimmer und Seminarräume in den neuen Trakten betont schlicht gehalten, aber mit hochwertigen Stein und Holzböden ausgestattet.

Es ist also kein Wunder, dass der Leiter des Hauses Buchenried, Christian Haager, seinen Arbeitsplatz "einfach wunderbar" nennt - praktisch das Beste, was einem passieren kann. Und Susan Pocock, die seit vier Jahren im Empfangsbereich arbeitet, nennt es "super hier". Vor einem Jahr hat Haager die Leitung des Hauses übernommen. Zuvor arbeitete er im Münchner Kulturzentrum Gasteig. Und weil es dem 34-Jährigen im Fünfseenland besonders gefällt, ist er auch an den See gezogen, genauer nach Starnberg.

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(Foto: Nila Thiel)

Die neuen Seminarbauten der Münchener Volkshochschule in Leoni sind modern und unaufdringlich und passen dennoch zur historischen Villa Hackländer.

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(Foto: Nila Thiel)

Christian Haager ist der Leiter von Haus Buchenried. Er setzt auf neue Ideen und eine große Bandbreite - von Yoga, bis hin Sprachkursen und Kunst.

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(Foto: Nila Thiel)

Hier finden auch Traditionsangebote wie die Kammermusikwoche statt.

So stattlich der Besitz der Landeshauptstadt München am Starnberger See ist, so wenig wird Haus Buchenried in der örtlichen Bevölkerung in Berg wahrgenommen. "Wir arbeiten daran, dass man auch in der Gegend weiß, was wir machen", sagt Haager. Zumal natürlich auch Hiesige sich für die Seminare anmelden können. Auch versuchen Haager und seine Mitarbeiter neuerdings mit Programmangeboten aufzuwarten, die speziell zugeschnitten sind auf die Region - zum Beispiel mit dem Wochenendseminar "Englische Parks und Gärten - historische und zeitgenössische Gartenkunst in England und am Starnberger See" oder "Literatur am See" und die "Gesundheitswoche am Starnberger See". Zudem intensiviert man gerade die Zusammenarbeit mit dem Museum Starnberger See in Starnberg und der Villa Waldberta in Feldafing.

Im Augenblick dominiert allerdings Musik das Geschehen in Haus Buchenried, denn es ist Kammermusikwoche. Täglich etliche Stunden wird geübt und dann sogar beim Mittagessen auch noch freiwillig geträllert. Gerade die Kammermusikwoche hat in Buchenried Tradition. Seit 1960 gibt es dieses Seminar und es ist noch heute genauso beliebt wie vor mehr als 50 Jahren. Es ist vor allem die bestechende Verbindung von lernen und sich erholen, die das Seminarhaus so besonders macht.

Die historische Villa Hackländer. (Foto: Peter Neusser/oh)

Und dann wartet Haager noch auf mit einem kleinen Geheimnis. Er nennt es "Blick in den Hinterhof". Doch was Haager betont schlicht formuliert, würden andere stolz Blick ins Landschaftsschutzgebiet hinter dem Haus nennen. Wer hier 50 Meter über eine Hangwiese stapft, der entdeckt einen idyllischen Weiher, in dem viele Forellen schwimmen, und dahinter ein Mausoleum, das Architekt Theodor Fischer 1903 für Familie Weinmann erbauen ließ, die ebenfalls in der Hackländervilla lebte.

Hackländer erwarb den Landsitz bereits im Jahre 1866 für genau 16 100 Gulden. Im 19. Jahrhundert war er übrigens einer der bekanntesten Unterhaltungsliteraten. Eine ganze Reihe seiner Bücher wurden mit Blick auf den See geschrieben. So dient der See beispielsweise dem ausschweifenden Künstlerroman "Der Sturmvogel", der König Ludwig II. gewidmet ist, als Kulisse. Und auch Theodor Heuss widmet Hackländer beispielsweise in seiner Essaysammlung "Schattenbeschwörung - Randfiguren der Geschichte" ein eigenes Kapitel. Heute zählt Hackländer zu den fast vergessenen Schriftstellern. Zu unrecht, wie Haager findet. Und darum wird der Autor heute in Haus Buchenried besonders geehrt. Sein reichhaltiges Werke steht in einem eigenen Bibliotheksraum in den Regalen und wartet auf diejenigen Literaturfreunde, die gerade mal ein Seminarpäuschen haben.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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