Leoni:Jazz bringt die Farben zum Klingen

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Petra Amerell (Mitte) stellt in Haus Buchenried in Berg aus. Ihr Mann Silvio Blatter hielt einen Einführungsvortrag, rechts Musikerin Ami Warning. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beim Malen lässt sich Petra Amerell von afrikanischer und karibischer Musik inspirieren. Ihre abstrakten und farbigen Werke sind derzeit im Haus Buchenried ausgestellt

Von Katja Sebald, Leoni

Normalerweise kommt Petra Amerell als Dozentin nach Leoni ins Haus Buchenried, um anderen das Malen beizubringen. Jetzt brachte sie erstmals ihre eigenen Bilder mit: In einer Ausstellung mit dem Titel "Lakeside" zeigt sie bis Ende Juli abstrakte Farbmalerei. Zur Vernissage trat die Singer-Songwriterin Ami Warning auf.

Ohne Musik gäbe es wohl die Bilder von Petra Amerell nicht. Auf dem Weg zur Abstraktion begleiteten sie afrikanischer und afroamerikanischer Jazz sowie karibische und lateinamerikanische Klänge. Über ihren Weg als Malerin schreibt sie: "Diese zündenden Rhythmen und Improvisationen grundierten meine Arbeit im Atelier und verstärkten sicherlich auch mein Bedürfnis nach einer Malerei, die aus der Bewegung heraus entsteht und sich nach keiner Vorlage mehr richtet." Am Anfang eines Bildes steht für Petra Amerell also ein Klang: ein Farbklang oder eine innere Gestimmtheit, die sie zu einer dunklen oder hellen Farbe, zu einem Rot oder Blau greifen lässt. Dann ergibt im Prozess des Malens eines das andere, die Musik der Farben auf der Leinwand ist auch für die Malerin selbst oft überraschend. Es seien Glücksmomente, wenn "Farben klingen" und nicht "nur schweigend nebeneinander hocken". Die Bilder entstehen ganz aus der Farbe heraus, sie sind nicht mehr mit der Welt der Dinge verknüpft.

Der Ausstellungstitel "Lakeside" bezieht sich auf den Ort der Präsentation, nicht auf ein Seeufer oder eine Wasserfläche, die man vielleicht in einer von Blau und Grün dominierten Bildkomposition finden möchte. Die Malerin trägt zunächst mit Spachtel oder Pinsel großzügig die Farbe auf, lässt sie über die Leinwand laufen oder erzeugt pastose Spuren. Sie arbeitet mit Tropf- und Schütttechniken, legt lasierende über deckende Schichten, druckt Strukturen von Stoffen und Vliestüchern auf und greift schließlich mit wenigen zeichnerischen Elementen ein. Dabei reagiert sie immer wieder auf das, was vor ihren Augen entsteht. In den verschiedenen Bearbeitungsphasen kann das Bild auch gedreht oder auf den Boden gelegt werden. Sobald sich ein bestimmtes Thema herauskristallisiert, verfolgt die Künstlerin es so lange weiter, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden ist. Die meisten Bilder wirken leicht und durchlässig, manche schwebend und flirrend, beinahe tänzerisch.

Manchmal führen erhebliche Umwege zur endgültigen Komposition, bereits Gemaltes wird wieder übermalt und neu gemalt. Zuweilen braucht die Künstlerin nur wenige Wochen für ein Bild, zuweilen arbeitet sie sich monatelang an einer einzigen Leinwand ab. So können stark verdichtete und intensive Farbräume entstehen. Zum Schluss malt - zumindest in der aktuellen Ausstellung - auch das Licht mit: Vor den mattgrauen Betonwänden in Buchenried haben die farbigen Bilder von Petra Amerell einen großen Auftritt, und je nach Tageszeit und Wetter, Sonneneinstrahlung und Schattenwurf verändern sie sich auf reizvolle Weise. Der Verzicht auf Bildtitel und gegenständliche Bezüge ermöglicht dem Betrachter einen individuellen Zugang. Die Künstlerin erhofft sich einen Dialog, der sich zwischen dem Bild, das sie in die Welt entlassen hat, und seinem jeweiligen Betrachter entspinnt.

Petra Amerell fand über das Zeichnen und dann über die gegenständliche Malerei zur Abstraktion. 1962 in München geboren, studierte sie in den Achtzigerjahren bei Heinz Butz und Jürgen Reipka an der Akademie der Bildenden Künste in München. Sie wurde unter anderem mit dem Förderpreis der Stadt München ausgezeichnet. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen vor allem im Münchner Raum zu sehen, aber auch in Zürich, wo sie zeitweise lebt.

Die Ausstellung "Lakeside" von Petra Amerell im Haus Buchenried, Assenbucher Straße 45 in Leoni, ist bis zum 25. Juli zu sehen. Zur Finissage findet von 19 Uhr an eine Lesung mit Silvio Blatter statt.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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