Landkreis Starnberg:Man muss doch nicht alles wegwerfen

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Der Abfallwirtschaftsverband hat die Wertstoffbörse in Gilching geschlossen. Doch auch anderswo lassen sich gute, gebrauchte Sachen entdecken

Von Sabine Bader, Gilching/Berg

Flohmarktfeeling auf dem Wertstoffhof: Das hat man im Landkreis Starnberg mancherorts. Zum Beispiel in Berg, Seefeld und Wörthsee. Bis vor kurzen kamen auch die Gilchinger in den Genuss einer sogenannten Wertstoffbörse. Doch die hat der Abfallwirtschaftsverband (Awista) kürzlich dicht gemacht. Ohne ersichtlichen Grund, findet so mancher Gilchinger.

Verbandsgeschäftsführer Peter Wiedemann sieht es anders. "Da ist es einfach räumlich sehr eng", sagt er. Batterien, Korken und Mineralwolle seien bisher im Freien gelagert worden, obwohl sie in einem überdachten Bereich angenommen werden sollen, erklärt Wiedemann. Zudem würden etliche Verbraucher sich länger als normal nötig mit ihren Autos, auf dem Wertstoffhof in der Rudolf-Diesel-Straße aufhalten, weil sie nach der Abgabe der Wertstoffe noch dort stöberten, was zu Konflikten mit Parkplatzsuchenden geführt habe, so Wiedemann. Die Mitarbeiter seien zu den Anlieferzeiten auch vollauf damit beschäftigt alle Wertstoffe anzunehmen. Sie könnten bei dem Betrieb auf engstem Raum einfach nicht auch noch kontrollieren, was sich auf den Wertstoffbörsen genau tue.

Das ist ein gewichtiger Grund für die Schließung. Denn generell gingen besagte Gegenstände in dem Moment, in dem der Verband sie annehme, auch rechtlich in dessen Besitz über und der Verband hafte somit auch für den ordentlichen Zustand der Geräte. Das könnte beispielsweise dann zum Problem werden, wenn ein Kunde von einem Computer, der von der Wertstoffbörse stammt, einen Stromschlag erhalte oder bei einem Fahrrad von dort die Bremsen versagten.

Uwe Gudewill aus Starnberg weiß um das Problem, denn auch er hat sich beim Awista erkundigt. Der 79-jährige Rentner ist nach eigenen Angaben in der Stadt recht viel mit dem Fahrrad unterwegs und hatte sich wegen eines defekten Schutzblechs an einen Radlhändler gewandt. Dieses wiederum erkundigte sich beim Hersteller nach einem Ersatzteil. Bekam allerdings die Auskunft, dass dies nicht mehr produziert werde. Soweit so schlecht.

Dann entdeckte Gudewill auf dem Starnberger Wertstoffhof ein ähnliches Radl, das verschrottet werden sollte, aber ein noch intaktes Schutzblech hatte. Das wollte der Rentner abschrauben und an sein Rad montieren, durfte aber nicht. "Das ist mir unverständlich", sagt er zur SZ. Denn er sei generell der Ansicht, dass man nicht alles wegwerfen müsse. Man solle doch "Vernunft walten lassen".

Auch in der Berger Wertstoffbörse gibt es keine Elektrogeräte und Fahrräder. "Das wäre viel zu gefährlich", sagt Tatjana Khorram-Tucev vom Awista. Die 48-Jährige arbeitet auf dem Berger Wertstoffhof in Farchach. Dienstags und donnerstags, wenn die Berger Anlage geschlossen ist, arbeitet sie in Rothenfeld auf dem Wertstoffhof. Khorram-Tucev kommt aus Serbien und wohnt in Starnberg. Die Wertstoffbörse in Farchach findet sie eine gute Einrichtung. Hier wird alles angenommen vom Buch bis zum Porzellan-Service über Spiele und kleinere Möbel. In den Regalen des halb offenen Stadls stehen Blumentöpfe, Wein- und Saftgläser und ein Teegeschirr. An der Wand lehnen Skier, ja sogar ein Snowboard ist dabei. Und haufenweise Skischuhe. In einem Netz an einem Balken hängen Fußbälle.

Matthias Giebler aus Kempfenhausen bringt gerade ein paar Gläser vorbei. Der 30-Jährige hat schon öfter Verwertbares abgegeben. "Wenn was aussortiert wird, was noch gut ist, und andere sich drüber freuen können, ist das doch sinnvoll", sagt er. So einen Fall gab es erst kürzlich in Berg. Tatjana Khorram-Tucev erinnert sich noch gut an den älteren Herrn, der mit zwei Gehhilfen ankam und "so glücklich war, dass er etwas fand". Was sie allerdings nicht mag, das sind Leute, die plastiksäckeweise Geschirr und Gläser einpacken und alles auf dem Flohmarkt verkaufen. "So ist es nicht gedacht", sagt sie. Schließlich sind die Artikel in der Börse kostenlos.

Übrigens scheint für die geschlossene Gilchinger Wertstoffbörse Ersatz in Sicht zu sein. Denn laut Wiedemann will der Awista ein neues Wertstoffzentrum im Ortsteil Argelsried errichten. Man wolle so der stetig wachsenden Einwohnerzahl der Gemeinde Rechnung tragen, sagt er. Was das Bauvorhaben angeht, arbeitet der Awista eng mit der Gemeinde zusammen.

Der Abfallwirtschaftsverband denkt darüber derzeit nach, dort auch ein neues Second-Hand-Kaufhaus zu bauen, in dem gebrauchte Gegenstände aufbereitet und angeboten werden können. Bis es soweit ist, verweist Awista-Chef Wiedemann seine Kunden auf den "Eine Welt Basar" in der Pollinger Straße in Gilching, den der Ortsverband der Arbeiterwohlfahrt betreibt. Hier könnten Gegenstände sowohl abgegeben als auch äußerst günstig erworben werden, erklärt Peter Wiedemann. Der Basar habe an Werktagen von 9.30 bis 18 Uhr und an Samstagen von 9.30 bis 13 Uhr geöffnet.

© SZ vom 11.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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