Landgericht:"Selber schuld"

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Im Honorarstreit zwischen einem Münchner Rechtsanwalt und der Stadt Starnberg wendet sich der Richter mit harten Worten an die Stadt. Billiger als mit einem sechsstelligen Betrag werde diese kaum davonkommen.

Von David Costanzo, München/Starnberg

"Ich frage mal direkt", sagt Richter Sven Thonig zum Zweiten Bürgermeister Klaus Rieskamp und zum Anwalt der Stadt, Christian Langgartner. "Was am Vergleich hat Ihnen denn nicht gefallen?" Der Richter wirkt ratlos. Der Anwalt Walter Leisner verklagt die Stadt auf 212 000 Euro Honorar für seine Beratung bei den Bahnverträgen, am ersten Prozesstag hatte man sich auf 120 000 Euro geeinigt. Es wäre also billiger geworden für Starnberg. Doch den Vergleich hat der Stadtrat gegen den Willen von Bürgermeisterin Eva John abgelehnt, um auf ein Urteil zu drängen. Nun treffen sich alle wieder vor dem Landgericht. Warum?

Dieser Prozess hat zwei Fronten. Vordergründig heißt es Anwalt Leisner gegen Starnberg. Hintergründig aber ist es eine Konfrontation zwischen Stadtrat und Bürgermeisterin. Es geht um politische Verantwortung, Kompetenzgerangel und den Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen. Eine Mehrheit kündigte den von John geschlossenen Vergleich im Mai auf. Die Stadträte erhoffen sich von einem Urteil Aufklärung über die Auftragsvergabe, gleichzeitig wollen sie die Bürgermeisterin persönlich in den Prozess hineinziehen. Die Zweidrittelmehrheit aus CSU, UWG, Grünen, Bürgerliste, Parteifreien und SPD droht, sie persönlich in Regress für das sechsstellige Honorar zu nehmen.

An beiden Fronten gab es am Freitag vor dem Landgericht wenig bis keine Bewegung - wohl aber harte Worte an die Adresse Starnbergs. Richter Thonig machte der Stadt keine Hoffnung, dass sie billiger davon kommen wird. Er überschlug das Honorar zwar auf andere Weise als sein Vorgänger im Prozess, landete jedoch auch bei 115 000 bis 120 000 Euro - mindestens.

Nach seiner Auffassung habe die Stadt den Anwalt nicht nach einem günstigeren Stundensatz beauftragt, sondern nach dem Streitwert der Bahnverträge, den Leisner zunächst mit 32 Millionen Euro angesetzt hatte. Richter Thonig nannte dagegen eine Bandbreite zwischen 22 und 56 Millionen Euro für den Wert jener Grundstücke am Starnberger See, welche die Bahn der Stadt nach dem Umbau der Gleisanlagen übertragen würde.

Diese Art der Auftragsvergabe werde die Stadt bereuen. "Was soll ich sagen?", fragte Richter Thonig. "Selber schuld." In der Stadtverwaltung werde ja wohl auch ein Jurist arbeiten und die Stadt werde nicht zum ersten Mal einen Anwalt eingeschaltet haben. Wen der Richter mit "die Stadt" meinte, ließ er allerdings offen. Auch zur Frage einer möglichen Dienstpflichtverletzung der Bürgermeisterin, die nicht anwesend war, wollte der Richter in der Verhandlung ausdrücklich nichts sagen. Dazu fehlten ihm Informationen.

Zweiter Bürgermeister Rieskamp sagte nach dem Prozess, der Stadtrat habe nur das Gutachten für höchstens 33 000 Euro in Auftrag gegeben. John äußerte sich am Freitag nicht. In der Stadtratssitzung vom April hatte sie sich damit verteidigt, dass die Landesanwaltschaft ihr in diesem Zusammenhang keine Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen habe. Stadt und Anwalt Leisner sollen sich nun bis Mitte September über den Streitwert einigen. Ein Urteil soll es am 1. Oktober geben.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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