Kurzkritik:Tosca trifft Carmen

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Das Ensemble Dix begibt sich auf Italienreise

Von Reinhard Palmer, Gilching

Schöne Geste, mit einem Stück die Herkunft des Ensembles zu beleuchten: Als Geraer Visitenkarte passte das "Konzert nach italienischem Gusto" an Bachs 330. Geburtstag dem "Ensemble Dix" wunderbar ins Konzept. Man kann auch darauf stolz sein, aus einer Gegend zu kommen, die von den vier wichtigsten Wirkungsstätten Bachs umringt ist. Der prominenteste Sohn der Stadt Gera, der Maler Otto Dix, wiederum lieh dem Ensemble den Namen. Auch ihm fühlen sich die Musiker mit ungewöhnlichen Programmen und ausgefallenen Besetzungen verpflichtet. Im Kern besteht das Ensemble aus einem Holzbläserquartett mit Querflöte (Andreas Knoop), Oboe und Englischhorn (Albrecht Pinquart), Klarinette (Hendrik Schnöke) sowie Fagott (Roland Schulenburg). Aber es kommen schon mal Schlagzeug, Saxophon oder - wie in Gilching - Harfe (Katharina Schauer) hinzu.

Das Programm war durch eine Italienreise inspiriert. Bachs Klavierwerk hat einen besonderen Reiz, wenn einzelne Stimmen dialogisierend eigene Färbungen erhalten, wenn im Mittelsatz über einer tektonischen Harfe eine Flöte umherschweift oder in Steigerung eine Klarinette das schier endlose Mäandern übernimmt. Im Quintett kam im Schlusssatz die barocke Sinnlichkeit des lustvollen Musizierens prächtig zum Ausdruck.

Das Genre der Harmoniemusiken stand hier leicht abgewandelt im Zentrum. Beginnend mit dem stimmungsvollen "Intermezzo sinfonico" aus Pietro Mascagnis "Cavalleria rusticana", das originalgetreu zwischen schwärmerischer Romantik und schmerzhafter Wehmut orchestrale Farbigkeit fand. Puccinis Fantasie über Themen aus "Tosca" griff auch die Dramaturgie der Oper auf, um im unter die Haut gehenden "E lucevan le stelle" zu kulminieren. Eine originelle Idee realisierten Flöte, Klarinette und Fagott mit dem Divertimento von Leonardo de Lorenzo, dem wohl neueste europäischen Strömungen entgangen sind. Mit dem Vortrag von Komponistenanekdoten zwischen den Abschnitten wurde der Witz des Werks hervorgehoben.

Der aus Palermo stammende Oboenvirtuose Antonio Pasculli nutzte die Popularität der Oper, um für sich wirkungsvolle Konzertliteratur zu schaffen: Seine Paraphrase "Ommagio a Bellini" für Englischhorn und Harfe wirkte jedoch in der Gestik zu steif und pathetisch. Emotional tiefergehend erklangen indes Bizets drei Intermezzi und das Zigeunerlied aus "Carmen": im Quintett orchestral ausbalanciert und von emotionalem, ausdrucksstarkem Kolorit. Als Zugabe gab es das neapolitanische "Funiculi funicula".

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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