Kurzinterviews mit den Kandidaten:Stunde der Wahrheit

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Am Sonntag stellen sich Marlene Greinwald (Freie Wähler) und Florian Schotter (CSU) dem Votum der Tutzinger Wähler. Bis Dienstag liegt der Anteil der Briefwähler bereits bei 21,5 Prozent

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Am kommenden Sonntag entscheiden die Tutzinger in einer Stichwahl, wer nach dem Tod von Rudi Krug (ÖDP) künftig als Erster Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde lenkt. Aus der ersten Wahl am 14. Januar war Marlene Greinwald (Freie Wähler) als Siegerin hervorgegangen, hatte mit 45,3 Prozent (2064 Stimmen) aber die nötige absolute Mehrheit verpasst. Florian Schotter (CSU) kam auf 36,7 Prozent (1673 Stimmen). Bernd Pfitzner (Grüne) schied mit 18 Prozent aus. Die Wahlbeteiligung lag bei 57,9 Prozent.

In der Stichwahl treten nun Marlene Greinwald, 56, und der 42-jährige Florian Schotter gegeneinander an. Die Wirtschafterin für Landbau, die einen Bio-Pferdehof betreibt, gilt als Dritte Bürgermeisterin, Schulreferentin und mit 27 Jahren Erfahrung im Gemeinderat als Favoritin. Sie wäre die erste Frau und erste Vertreterin der Freien Wähler an der Rathausspitze in Tutzing. Für sie sprachen sich von acht Gruppierungen im Gemeinderat neben den freien Wählern in einer Wahlempfehlung ÖDP, Grüne, SPD und Wolfgang Marchner (Bürger für Tutzing) aus. Polizeioberkommissar Schotter will als Verwaltungsprofi und Quereinsteiger in die Politik punkten. Kommunalpolitische Erfahrung hat er bislang nicht, sieht das aber als Chance für einen Neuanfang in Tutzing. Außer der CSU steht die FDP hinter Schotter. Beide Kandidaten sind fünf Tage vor der Wahl schwer im Stress. Marlene Greinwalds Mann Martin, der sie bei ihrer Kandidatur wie die ganze Familie sehr unterstützt, ist wegen einer gebrochenen Hand im Krankenhaus. Florian Schotter wurde am Montag um 23.24 Uhr zum ersten Mal Vater - seine Frau Sandra brachte Tochter Magdalena zur Welt.

7883 Wahlberechtigte sind in Tutzing zur Stichwahl aufgerufen, wegen Wegzügen und Sterbefällen zehn weniger als bei der ersten Wahl am 14. Januar. Bei der Wahlbeteiligung deutet sich eine kleine Steigerung an. Bis Dienstag lag der Anteil der Briefwähler bei 21,5 Prozent, bei der ersten Wahl summierten sich die Briefwähler auf 20,6 Prozent. Die Wahllokale in der Grund- und Mittelschule Tutzing und der Grundschule Traubing sind am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Rathausfoyer wird gegen 18.40 Uhr gerechnet.

Marlene Greinwald: "Vorreiterin für Ideen"

Marlene Greinwald ist Pferdeliebhaberin. (Foto: Privat)

Seit wann leben Sie in Tutzing? Seit 1986, seit der Heirat mit meinem Mann Martin.

Welchen Lieblingsplatz haben Sie am Ort? Die Ilkahöhe, da gehe ich gern spazieren und die zeige ich gern Besuchern.

Warum sind Sie bei den Freien Wählern? Ich finde, dass man auf Ortsebene keine Parteipolitik braucht. Zur Partei wurden die FW erst lang nach meinem Beitritt. Die sind in Tutzing auch nicht konservativ. Zu Zeiten mit CSU-Mehrheit waren wir die Aufmüpfigen.

Welche politischen Ämter hatten/haben Sie? Angefangen habe ich bei der Katholischen Landjugend, war da im agrarpolitischen Bundesarbeitskreis, wo wir mit dem Bundeslandwirtschaftsminister zu tun hatten. Als meine Kinder kamen, bin ich in die Kommunalpolitik. Heute bin ich Gemeinderätin, Dritte Bürgermeisterin und Vorsitzende der Freien Wähler Tutzing.

In welchen Vereinen sind Sie aktiv? In der Gilde, als stellvertretende Vorsitzende im Verein Reiten und Fahren, im Verschönerungsverein und im Bund Naturschutz. Fördervereine finde ich wichtig und unterstütze die Tutzinger Feuerwehr, Grund- und Mittelschule und Musikschule.

Wie verstehen Sie Ihre Rolle im Gemeinderat/ in der Verwaltung als Bürgermeisterin? Ich sehe mich als Ideensammlerin und -vermittlerin, ein bisschen wie eine Vorreiterin. Der Gemeinderat soll frühzeitig eingebunden werden, und die Bürger vermehrt über Bürgerwerkstätten. Das geht aber nicht überall, das wäre unrealistisch. Dass so gern auf die Verwaltung mit ihren 100 Mitarbeitern geschimpft wird, finde ich unschön.

Was sind für Sie die drei wichtigsten Projekte derzeit in Tutzing? Die Ortsentwicklung und Ortsplanung mit Verkehr in Tutzing und den Ortsteilen; das Soziale in Tutzing mit Kinder-, Jugend- und Altenarbeit. Für einen Jugendbeirat und einen Seniorenbeirat wäre eventuell die Zeit reif, wenn wir Ansprechpartner finden; Wirtschaft und Gewerbe - da müssen wir moderat entwickeln, was geht. Denn da stecken unsere finanziellen Möglichkeiten drin.

Florian Schotterer: "Dienstleister der Bürger"

Florian und Sandra Schotter sind seit Montag Eltern. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit wann leben Sie in Tutzing? Seit 1975, also seit immer schon.

Welchen Lieblingsplatz haben Sie am Ort? Der Thomaplatz direkt vor meiner Haustür. Das ist das alte Tutzing, der alte Hafen. Da bin ich aufgewachsen, dort hab' ich Schwimmen gelernt und Kühe füttern am Bauernhof.

Warum sind Sie bei der CSU? Weil ich mich mit der Partei am ehesten identifizieren kann. Am liebsten hätte ich die Kandidatur parteifrei gemacht, aber die CSU hat mich ja gefragt. Und ohne Unterstützung hätte ich das nicht stemmen können, weder finanziell noch logistisch. Es hat ja auch funktioniert. Ich bin hochzufrieden, dass ich es in die Stichwahl geschafft habe, als absoluter Neuling.

Welche politischen Ämter hatten/haben Sie? Da bin ich blank. Das hat sich einfach nicht ergeben. Ich hab' meinen Fokus dann auch eher auf den beruflichen Werdegang gelegt.

In welchen Vereinen sind Sie aktiv? Aktuell bin ich noch in der Freiwilligen Feuerwehr Tutzing aktiv, früher war ich da Gruppenführer und Ausbilder. In der Gilde bin ich im Vorstand als Jugendvertreter, außerdem Mitglied im MVC, dem Motorrad- und Veteranenclub. Ich hab' noch ein paar alte 50er-Mopeds daheim. Früher war ich aktiv im TSV mit Fußball und Skifahren und im Tennisclub.

Wie verstehen Sie Ihre Rolle in Gemeinderat/ in Verwaltung als Bürgermeister? Als Schnittstelle zwischen Gemeinderat und Verwaltung. Als jemand, der gut integrieren und moderieren kann. Ich will auch nicht gleich fremde Vorschläge in die Tonne reden, sondern alles prüfen. Ich würde mich wie in allen meinen Berufen mit der Verwaltung als guter Dienstleister für die Bürger sehen.

Was sind für Sie die drei wichtigsten Projekte derzeit in Tutzing? Aktuell die Hauptstraße; bezahlbarer Wohnraum, da muss mehr Drive rein, auch wenn's schwierig ist; Gewerbe, das muss kein neues Gebiet sein, aber da müssen wir uns proaktiv bemühen.

Interviews: Manuela Warkocz

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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