Kultur:Wilde Hatz

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Die Galerie Wimmer zeigt in ihrer Frühjahrsausstellung in Berg Raritäten, die bei Schondorf und Kempfenhausen entstanden sind: eine Jagdszene von Wilhelm von Kobell und ein Landschaftsbild von Adolf Lier

Von Katja Sebald, Berg

Von den Anhöhen zwischen Schondorf und Hechenwang blickt man über den ganzen Ammersee und weiter bis zur Alpenkette. Vor knapp zweihundert Jahren verstellten noch keine Straßen und keine Eisenbahn, keine in die Landschaft hineinwuchernden Supermärkte und keine Neubaugebiete diese Aussicht. Einzig der hübsche Zwiebelturm der Sankt-Anna-Kirche überragt die wenigen Bauernhäuser. Im Jahr 1830 hatte das allererste Gasthaus in Oberschondorf eröffnet. Etwa zur selben Zeit entstand das kleine Aquarell, auf dem der Maler Wilhelm von Kobell im Hintergrund einer Jagdszene den Blick auf Schondorf festhielt. Jetzt ist es zusammen mit anderen Preziosen des 19. Jahrhunderts in der Galerie Wimmer in Berg zu sehen.

Das kleinformatige Bild aus einer Münchner Privatsammlung ist nicht nur eine ganz besondere kunsthistorische Kostbarkeit, es ist auch ein Zeitdokument. Sogenannte Parforcejagden auf Rotwild, bei der die Jäger zu Pferd einer Hundemeute folgten, waren bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ein Privileg des Adels. Die Hunde hetzten das Wild kilometerweit bis zur Erschöpfung. Der Weg der Jagdgesellschaft führte querfeldein und war unvorhersehbar. Verwüstungen auf den bestellten Feldern waren nicht selten. Auch die von Kobell gezeichneten acht Reiter sind auf Zickzackkurs über Äcker und Wiesen unterwegs, sie verfolgen ein Hirschrudel. das Gebell der zehn Jagdhunde muss ohrenbetäubend laut gewesen sein. Eine junge, ländlich gekleidete Frau mit drei Kindern bleibt am Straßenrand stehen. Das Jüngste trägt sie auf dem Arm, von den etwas älteren Buben klammert sich einer an ihren Rockzipfel, der andere deutet auf die Reiter hinter dem gehetzten Wild. Man könnte die kleine Gruppe im Vordergrund als Staffage sehen - vielleicht aber auch als leise Kritik am rücksichtslosen Gebaren der adligen Jagdgesellschaft.

"Ein solches Bild von Kobell ist auf dem Kunstmarkt eine absolute Seltenheit", sagt die Galeristin Christine Rettinger, die es wegen seiner herausragenden Qualität und der feingliedrigen, detailgenauen Ausarbeitung schätzt. Wer der Auftraggeber des Bildes war und in welchem Zusammenhang es gemalt wurde, ist nicht überliefert. Es wäre aber möglich, dass es schon einmal über den Ladentisch der Galerie Wimmer ging, die auf die 1825 gegründete "Hermann'sche Kunsthandlung" zurückgeht und als älteste Galerie Münchens gilt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts firmierte sie bereits als "Heinrich Wimmer'sche Hofkunsthandlung", 1869 erfolgte der Umzug in die Briennerstraße. Schon damals wurden Gemälde von Carl Spitzweg, dem Lieblingsmaler des Bürgertums, verkauft, sogar der "Malerfürst" Franz von Lenbach wusste den Kunsthändler zu schätzen.

In der aktuellen Ausstellung zeigt Christine Rettinger auch Bilder von Spitzweg und ein Damenbildnis von Lenbach. Seit dem Umzug der Galerie nach Berg im Jahr 2016 versucht sie immer wieder auch Bilder anzubieten, die einst im Fünfseenland entstanden sind. Dazu gehört ein stimmungsvolles Gemälde von Adolf Lier aus dem Jahr 1867, das eine "Buchengruppe bei Kempfenhausen" darstellt. Hier ist im Vordergrund ein Hirte mit seiner Kuhherde zu sehen, zwischen den mächtigen Bäumen kann man einen Blick nach Starnberg und auf das Josefskirchlein erhaschen.

Die "Frühjahrsausstellung" der Galerie Wimmer ist an den Wochenenden 9./10. und 16./17. März jeweils von 13 bis 17 Uhr zu sehen, danach bis Ende Mai nach Vereinbarung unter 08151-6500496.

© SZ vom 09.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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