Krailling:Zu teuer und zu rigoros

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Sie könnte schon bald völlig anders aussehen: die Kraillinger Ortsmitte. Allerdings gehen bislang die Vorstellungen über das "Wie" auseinander. (Foto: Arlet Ulfers)

Kraillinger Gemeinderäten missfällt das Konzept für eine neue Ortsmitte, die fünf Millionen Euro kosten würde

Von Christiane Bracht, Krailling

Wenn man den beiden Planern Timo Herrmann und Philipp Koch freie Hand ließe, sähe Krailling bald völlig anders aus. Die Margaretenstraße wäre vom Paulhan-Platz bis zur Kirche mit Natursteinen gepflastert. Halb zugeparkte, schmale Gehwege gehörten der Vergangenheit an. Fußgänger und Radler könnten leicht von einer Seite zur anderen wechseln, um sich die Geschäfte anzuschauen oder Bekannte zu treffen. Die Autofahrer allerdings müssten viel mehr auf sie achten, Vorfahrt hätten sie dann nicht mehr. "Ein gleichberechtigtes Miteinander", stellen sich die Planer vor. In Amtsdeutsch heißt das "verkehrsberuhigter Geschäftsbereich", erlaubt sind dort nur Geschwindigkeiten zwischen fünf und 30 Stundenkilometern. An den Rändern der Natursteinfläche stünden abwechselnd mal rechts, mal links schmale Bäume in kleinen Reihen. Pflanzkübel sollen auch nicht fehlen. Aber anders als bisher sollen sie vom Design her zu Mülleimern, Straßenleuchten, Radständern und auch Bushaltestellen passen. Alles wäre einheitlich durchgestylt.

Im Sommer 2014 als die beiden Architekten ihren Vorentwurf beim Ortsmittewettbewerb einreichten, begeisterten sie die Jury. "Die ruhige, zusammenhängende Führung des Straßenraums, gegliedert durch Bäume, hat uns überzeugt", erklärte Regierungsbaumeister Bernhard Landbrecht als Vorsitzender des Gremiums seinerzeit. Sie gewannen den ersten Preis und wurden vom Kraillinger Gemeinderat auserkoren, die Planungen voranzutreiben. Doch als Herrmann im Rahmen seines Vortrags in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats erwähnte, dass 25 Bäume allein im südlichen Teil der Margaretenstraße gefällt werden müssten und dass etwa neun Parkplätze ersatzlos gestrichen würden, war die Begeisterung bei den Kommunalpolitikern schlagartig verflogen. Speziell als die Architekten den Preis für die von ihnen geplante Umgestaltung der alten Dorfstraße nannten: fünf Millionen Euro soll dies kosten. Als die Gemeinde den Wettbewerb vor einem Jahr ausschrieb, hatte sie eine Obergrenze von drei Millionen Euro festgesetzt. "Wir sind damals davon ausgegangen, dass der Untergrund weiterverwendet werden kann", erklärten die Architekten die enorme Preissteigerung. "Es hat sich aber herausgestellt, dass die Tragschichten zum Teil verunreinigt sind und entsorgt werden müssen." Zudem sei der Naturstein relativ teuer. Man könne auch Betonsteinpflaster wählen, aber das sei nicht so schön.

Bürgermeisterin Christine Borst meinte zwar, dass die gewaltigen Kosten durch das Städtebauförderprogramm des Freistaats abgefedert würden. Dies unterstütze die Gemeinde mit bis zu 60 Prozent. "Wir sollten sorgsam mit dem Geld umgehen", mahnte indes Werner Engl (Grüne). Die Gemeinde und auch das Land brauche es sicher noch für die Flüchtlinge. Abgesehen davon "trifft die Planung nicht den Ortscharakter". "Ich hätte erwartet, dass sich die Architekten besser mit dem Bestand auseinandersetzen, anstatt ihr Konzept einfach überzustülpen", sagte Engl im Gemeinderat. Eleonore Zwißler (CSU) plädierte dafür, zuerst mit den Bürgern zu diskutieren, bevor man einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich für das ganze Gebiet festlegt. Außerdem monierten die Kommunalpolitiker, dass ein Teil der Margaretenstraße erst vor einem Jahr neu hergerichtet wurde und jetzt nicht wieder alles neu gestaltet werden könne, nur weil das Design nicht stimme. Das sei dem Steuerzahler nicht zu vermitteln. Die Planer hielten dem entgegen, dass es schwierig sei, "einzelne Teile herauszubeißen", wenn man den Gesamtraum einheitlich entwickeln wolle.

Der Bauausschuss soll demnächst noch einmal über die Umgestaltung der alten Dorfstraße beraten. Auch über den Vorschlag der Architekten, am Paulhan-Platz eine so genannte Eisbox aufzustellen, will man dann ausgiebig diskutieren. Die Idee ist es, auf diese Weise ein Café oder einen Eisverkäufer nach Krailling zu holen, ohne dass dieser eine Ladenfläche anmieten muss. Bei der Eisbox handelt es sich um einen mobilen Pavillon, der im Sommer als Café, im Winter für einen Glühweinverkauf oder auch als Infobox genutzt werden kann. Wenn man ihn speziell beleuchtet, sei er bei Nacht ein echter Hingucker, so die Planer.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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