Krailling:Überbehütet und überfordert

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Harry Mayr, der Leiter des Kraillinger Jugendtreffs, ist auch in der Grundschule tätig. Hier mit seiner Mitarbeiterin Anja Siebler. (Foto: Georgine Treybal)

Der Schulsozialarbeiter entdeckt bei Kraillinger Kindern soziale Unterschiede, die zu Konflikten führen. Mehrheitlich spricht sich der Gemeinderat für eine Aufwertung dieser Stelle aus

Von Blanche Mamer, Krailling

Auch wenn Krailling kein sozialer Brennpunkt ist, ist dort ein Schul-Sozialarbeiter im Einsatz. Seit Herbst ist der Sozialpädagoge Harry Mayr zehn Stunden pro Woche in der Grundschule tätig. Er habe viel zu tun, berichtete er im Gemeinderat. Er empfahl daher eine Erweiterung auf eine Halbtagsstelle. Außerdem plädierte er für die Anbindung an einen fachbezogenen Arbeitskreis oder eine Supervision. Der Gemeinderat hat die Halbtagsstelle grundsätzlich mit großer Mehrheit befürwortet, will allerdings die Haushaltsberatungen abwarten.

Die Probleme, die an der Kraillinger Grundschule auftreten, unterscheiden sich nicht von denen in anderen Schulen, sagte Mayr. Manche seien gesellschaftlich bedingt, wie beispielsweise die Medienentwicklung. Es gebe soziale Unterschiede, die zu Konflikten führten und pädagogische Vorstellungen der Eltern, die es den Kindern schwer machten. "Manche Kinder haben ein schweres Päckchen zu tragen, das sie selbstverständlich auch in die Schule mitbringen. Manche Eltern glauben an Demokratie in der Erziehung und vergessen dabei, dass die Kinder Strukturen brauchen und überfordert sind, wenn sie Entscheidungen treffen sollen, die eigentlich von den Eltern getroffen werden müssen", sagte Mayr. Berufstätige Mütter hätten manchmal nicht genug Zeit, um sich um die Probleme der Kinder zu kümmern. Es gebe allerdings auch Mütter, die ihre Kinder zu sehr behüteten. In der Schule prallten die Stile aufeinander, Konflikte würden im Schulhof und in den Klassenzimmern ausgetragen, manche Kinder würden gemobbt, manche reagierten mit Gewalt.

Schulrektorin Alexandra Helfrich räumte ein, dass die Lehrer nicht die Zeit hätten, sich mit Konflikten auseinanderzusetzen, für sie stehe die Vermittlung von Unterrichtsstoff im Vordergrund. Mayr hingegen habe die Zeit, mit einzelnen Schülern zu arbeiten, den Unterricht in der Klasse zu verfolgen und das Verhalten der Schüler zu beobachten. Soziales Training, Rollenspiele, Netzwerkarbeit, Schüler- und Elternsprechstunden oder Beratung von Lehrern gehörten ebenfalls zu seinen Aufgaben. Ziele der Arbeit seien die Förderung von Schlüsselkompetenzen, wie Teamfähigkeit, Kommunikation- und Konfliktfähigkeit. Weitere Themen sind Gewalt- und Suchtprävention sowie die Unterstützung beim Übergang an weiterführende Schulen. Für Eltern sei der Schulsozialpädagoge eine wichtige Anlaufstelle, sagte Helfrich. "Auf mich hören die Eltern, weil ich keine Noten vergebe und in den Prozess nicht eingebunden bin", meinte Mayr.

Zunächst warf Mayrs Bericht bei den Gemeinderäten Fragen auf. Wann brauche man einen Schulsozialpädagogen, wollte Bürgermeisterin Christine Borst wissen. Und Eleonore Zwißler (CSU) forderte, Mütter und Väter dürften nicht alles der Schule überlassen. Imme Kayser (Grüne) meinte, die Arbeit sei grundsätzlich notwendig, sie sei jedoch von Anfang an gegen die Kurzzeitstelle gewesen. Aus eigener Erfahrung wisse sie, wie wichtig eine Sicht von außen sei, zum Beispiel bei Kindern, die gemobbt werden. Martin Hoffmann (SPD) findet jedoch, es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, den Schulsozialarbeiter zu finanzieren. Vier Gemeinderäte stimmten gegen eine Ausweitung der Schulsozialarbeit.

Mayr erklärte, die Entscheidung über die Genehmigung einer halben Stelle müsse unabhängig von seiner Person getroffen werden. Er könne keine weiteren Aufgaben annehmen. Der 47-Jährige ist halbtags als Leiter des Kraillinger Jugendtreffs angestellt und arbeitet zudem für das Jugendamt des Landkreises Starnberg.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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