Kraillinger Kultur:Ein Abend, der es in sich hat

Lesezeit: 2 min

Musiker und Komponist Titus Waldenfels spielt mit Manfred Pichler, Thomas Losch und Stefan Berchtold bei der "Langen Nacht der Musik in Krailling". (Foto: Ulfers)

Es gibt mehrere Gründe, die "Lange Nacht der Musik in Krailling" zu einer festen Institution zu machen. Vor allem den, dass das Gebotene einfach hochkarätig ist

Von Berthold Schindler, Krailling

"Error 404 - Seite / Artikel nicht gefunden!", heißt es, wenn man auf den Google-Link der Grünen Krailling klickt, die zumindest als einzige lokale Institution die "Lange Nacht der Musik in Krailling 2015" bewirbt. Beim Googeln findet man einige Links darunter auch eine Facebook-Veranstaltung - allerdings für die Ausgabe 2014. Wenn man schließlich beim Gasthof Alter Wirt, neben der Kraillinger Brauerei immerhin einer der beiden Veranstaltungsorte für die "Lange Nacht", anruft, um einige Informationen einzuholen, heißt es nur kurz: "Das Event wird von deren Veranstaltern organisiert, bitte fragen Sie dort nach. Wir haben damit nichts weiter zu tun." Schade eigentlich, und auch unverständlich. Denn was am Samstagabend geboten wurde, kann man getrost als hochkarätig bezeichnen.

Los ging's mit Titus Waldenfels im Alten Wirt. Dass der Schwabinger Tausendsassa ein Meister auf allen möglichen konventionellen und unkonventionellen Saiteninstrumenten ist, vermag nicht mehr zu überraschen. Im Schein einiger wohl unter "Bühnenbeleuchtung" firmierenden roten Lampen, die den fragwürdigen Charme des neuen Rotlichts im Zwischengeschoss des U-/S-Bahnhofs Marienplatz versprühten, spielte Waldenfels stilsicher wie lässig auf diversen teils selbstgebauten Gitarrenvarianten Hits aus Country, Western Swing, Blues und Rock'n'Roll. Riffs und irrsinnige Soli, mit Bottleneck auf der Lap Steel oder Banjo vor dem Bauch, alles kein Problem. Eine Schau war aber ebenso der Kollege an der Rhythmusgitarre, Thomas Losch, der auch mit Mundharmonika und vor allem kernigem Countrygesang überzeugte. Eine junge amerikanische Dame meinte dazu nur anerkennend: "Very authentic." Mehr geht nicht.

Mehr Musik gab es freilich später in der Kraillinger Brauerei. Für den Zugereisten wäre es hilfreich gewesen, ein paar mehr und besser sichtbare Hinweise auf den Abendverlauf sowie den Fußweg zum anderen Spielort, der Kraillinger Brauerei, zu geben. Auch die Jazzkollegen von der "Free Wave Jazz Band" in der klassischen Combo Sax, Gitarre, Keyboard - leider mit kümmerlichem Ersatzinstrument, nachdem das Klavier im Restaurant verstimmt war-, Kontrabass und Schlagzeug wussten mit souveränem Vortrag zu überzeugen, auch wenn ihnen die Spritzigkeit und die Bühnenpräsenz der Musiker um Titus Waldenfels ein wenig abgingen. Besonders der Saxophonist Christoph Naleppa fand zum 201. Geburtstag des Instrumentenerfinders, Adolphe Sax Gefallen beim Publikum, das mit ansonsten bedauerlich zurückhaltender Resonanz die Soli der Musiker quittierte. Vielleicht lag es auch daran, dass die Jazzer, getreu ihrem Ruf als eher entspannte Fraktion der Musikerwelt, etwas Verve in Vortrag und Moderation vermissen ließen. Gewünscht hätte man sich auch, dass neben den Melodieinstrumenten (mit einigen fingerfertigen Licks von Gitarrist Marcus Schmitt) auch Bass und Schlagzeug mal ein virtuoses Solo auf die Bühne gelegt hätten.

Neben Standards wie "Summertime" - passend zum novemberlichen Altweibersommer-, Gillespies "A Night in Tunisia" oder der Liebesballade "There Will Never Be Another You" lieferten die fünf Musiker mit Stings "Fragile" (herrlich Sting-like ins Mikro hauchend: Pianist Stefan Bienert) einen gelungenen Farbtupfer. Wer nach diesen beiden eher anspruchsvollen Programmen noch das Tanzbein schwingen wollte, hatte vor Mitternacht Gelegenheit dazu, diesmal wieder im Alten Wirt: die Band "Rock'n'Roll Fever" ließ mit Rockhits der 50er und 60er die "Lange Nacht der Musik in Krailling" ausklingen. Könner auf der Bühne, sehr ordentliche Bewirtung, volle Räume und reichlich Applaus: Es gibt einige Gründe, die "Lange Nacht der Musik in Krailling" auch nächstes Jahr weiterzuführen. Gerne mit ein paar Verbesserungen in Werbung und Außendarstellung.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: