Krailling:Duo im Disput

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Ove Volquartz und Udo Schindler improvisieren mit Bassklarinetten

Von Reinhard Palmer, Krailling

Im Duo mit den gleichen Instrumenten musizieren: Das hätte auch langweilig werden können. Im Normalfall bewegen sich dann ja die Musiker klanglich in einem eng begrenzten Raum. Bei der Ad-hoc-Improvisation ist das anders. Dieses Fach kennt bei den Möglichkeiten der Tonerzeugung so gut wie keine Grenzen. So kann sich jeder Musiker seine Spieltechniken selbst erarbeiten, seine Spielweise den eigenen Vorlieben und Stärken entsprechend wählen. Und da es beim Improvisieren darum geht, weitgehend seinem Unterbewusstsein zu folgen, ist dies wohl die individuellste aller musikalischen Disziplinen. Weltweit genießt sie dank gerade letzterer Qualität in vielen Ländern hohe künstlerische Anerkennung - hierzulande weniger. Obgleich Udo Schindler Koryphäen des Fachs aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland zusammentrommelt, bleibt sein Salon für Klang&Kunst in Krailling eine eher familiäre Angelegenheit für Liebhaber und Kenner der Materie.

Ove Volquartz, der sich in seiner Dissertation mit den psychologischen Vorgängen bei der Improvisation einst theoretisch befasst hatte, reiste aus Göttingen an. Mit einer Bass- und einer Kontrabassklarinette im Gepäck. Doch als vielseitiger Musiker agiert Volquartz keinesfalls verkopft und vermochte es, sich ganz auf seinen Duopartner einzulassen. Dass er auch ein versierter und aktiver Jazzmusiker - nebenbei Kopf des Unternehmens Jazzfestival Göttingen - ist, das sollte hier durchaus eine Rolle spielen. Immer wieder ließ er sich zu dichten Girlanden in jazziger Intensität hinreißen. Eine Spezialität von Volquartz sind auch repetitive Motive, bisweilen der Kategorie minimal music nahe, eindringlich und gerne geradezu groovend. Auf diese Elemente ließ sich Udo Schindler - ebenfalls mit der Bass- und Kontrabass ausgestattet - energisch ein, dialogisierte auf seine verstärkt experimentelle Art mit Volquartz, beide auf der Suche nach klanglichen Besonderheiten und inhaltlichen Gemeinsamkeiten, aber auch schon mal im Disput. Das Duo blieb dabei aber keinesfalls in den tiefen Registern stecken. Bass- und Kontrabassklarinetten haben einen weiten Tonumfang und kommen recht weit in die Höhen. Bei freier Musizierweise stehen zudem die Obertöne zur Verfügung, die im Kraillinger Salon schon mal mit schrillen Attacken extreme Schärfen erlangen konnten. Auf diese Weise vermochten Volquartz und Schindler ihre musikalischen Auseinandersetzungen dem Sprechduktus anzunähern und klanglich mit emotionalem Nachdruck auszustatten. Auf alle Fälle ein warm temperiertes Klangerlebnis mit reichlich Überraschungseffekten.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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