Krailling:Bis die Ohren glühen

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Auf der Suche nach Klangspuren: Udo Schindler (li.) und Sascha Henkel beim Experimentieren mit Blasinstrumenten, E-Gitarre und Hilfsmitteln. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Sascha Henkel und Udo Schindler experimentieren beim 83. Salon für Klang und Kunst

Von Reinhard Palmer, Krailling

Eine E-Gitarre ist im Prinzip nur ein Erzeuger von Vibrationen, die auf elektronischem Wege klanglich endlos manipuliert werden können. In der Ad-hoc-Improvisation bietet das Instrument daher für jede Kombination die nötigen Berührungspunkte im Zusammenspiel. Doch Sascha Henkel hielt sich an der selbstgebauten E-Gitarre mit Hilfsmitteln eher zurück im Hinblick auf Experimente. Zwar nahm er schon mal ein Messer, einen Stab oder eine Metallnadel zur Hand, um die Saiten meist unsanft reibend zu bearbeiten, doch im Vordergrund stand die rein spieltechnische Differenzierung - wenn auch durchaus von unkonventionellen Praktiken durchsetzt.

Für den experimentellen Part brachte Henkel zum "83. Salon für Klang+Kunst" nach Krailling vielmehr elektronische Tonerzeuger, die einer physikalischen Versuchsanordnung glichen, allerdings die Impulse von einer traditionellen Zither und einer Reihe selbst gebastelter Schwingungserzeuger wie Metallfedern, gespannte Gummis, Saiten oder auch Drahtgebilde, die charaktervoll schepperten, oder ein rauschender Rotor, empfingen. Die Klang manipulierenden Geräte, die hier über ein Eigenbaumischpult vernetzt waren, interagierten indes in unberechenbarer Weise miteinander, doch stets mit reizvollen Klängen und futuristischen akustischen Impulsen. Ein breites Angebot, das den Gastgeber und Mitspieler Udo Schindler dazu animierte, eine recht bunte Reihe von Blasinstrumenten zur Anwendung zu bringen wie Kornett, Bassklarinette, Sopransaxophon und die F-Tuba - dabei mit und ohne Dämpfer sowie mit diversen Blastechniken gespielt. Fürs Klangkolorit war hier also reichhaltig gesorgt, zumal diverse Hilfsmittel und spontane Eingriffe die Palette meist um geräuschhafte Klänge erweiterten.

Henkel ist kein zurückhaltender Musiker, konnte sich aber auch bis in minimalistische Klangspuren zurücknehmen. Einen geradezu magischen Effekt ergab das Spiel mit dem E-Bow, der die Gitarre zum Streichinstrument macht. Wenn es indes in die Vollen ging, dann aber keinesfalls nur über den Lautstärkeregler. Henkel neigte vielmehr dazu, rockig zu intensivieren und metallische Klangprägungen ins Spiel zu bringen. Das Duo experimentierte, wagte sich aber auch in Jazzrock- und Bebop-Manier in ungewöhnlich dezidierte Improvisationen. In der Regel mit packendem Drive, so dass in dem kleinen Raum die Ohren schon zum Glühen kamen. Wer sich schon immer mal fragte, wie ein Kornett klingt, wenn es mit Sopransaxophon-Mundstück gespielt wird, bekam hier eine Antwort: Es klingt nach Saxophon, doch fülliger, sonorer, brillanter. Auf alle Fälle reizvoll und überaus ansprechend.

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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