Markenbildung:Aus für die Leuchtturmprojekte im Würmtal

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So viel Gegenwind hatte Bürgermeisterin Christine Borst wohl nicht erwartet. Doch die Kritiker des Markenbildungsprozesses meldeten sich im Kraillinger Gemeinderat lautstark zu Wort. (Foto: Georgine Treybal)

Der von Bürgermeisterin Borst angestoßene Markenbildungsprozess scheitert ausgerechnet an Kraillings Gemeinderat

Der von Kraillings Bürgermeisterin Christine Borst angestoßene Markenbildungsprozess für das Würmtal ist aller Wahrscheinlichkeit nach gescheitert. Gauting, Planegg, Gräfelfing und Neuried sind zwar trotz großer Skepsis einiger kommunaler Mandatsträger bereit für je 10 000 Euro im Jahr das Marketingunternehmen "Brand Trust" zu beauftragen. Doch Kraillings Gemeinderat lehnte das Projekt am Dienstag mit großer Mehrheit ab. "Damit sehe ich es als gestorben an, da Krailling in der Mitte liegt", sagte Borst enttäuscht.

Zuvor hatte sie ihren Ratskollegen in schillernden Farben die Vorzüge einer eigenen Marke erläutert: "Es wäre eine gute Orientierungshilfe für die Gemeinden, wenn es darum gehe, sich weiterzuentwickeln", gab sie zu bedenken. Außerdem könne man gemeinsame Projekte in Angriff nehmen - Leuchtturmprojekte. Gedacht habe man etwa an eine 24-Stunden-Kita am Bahnhof Planegg oder einen gemeinsamen Bauhof, zumindest aber an einen Winterdienst für alle. Auch Wohnbauprojekte könne man zusammen angehen, wenn man den Prozess vorantreibe. "Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Wir arbeiten auch so schon mit den Nachbargemeinden zusammen", entgegnete Dietlind Freyer-Zacherl (FBK) und erinnerte an die Volkshochschule sowie soziale Einrichtungen, die Würmtalinsel etwa oder den Würmtal-Tisch. Sogar eine Regionalmanagerin habe man.

Adrienne Akontz (Grüne) plädierte dafür, die 10 000 Euro lieber für konkrete Projekte auszugeben. Man könne einen gemeinsamen Bauhof auch ohne das Marketing-Unternehmen initiieren. "Wir brauchen keine Marke, die gibt's schon." Rudolf Heidrich, der im Sommer bei der Startveranstaltung im Kupferhaus war, konnte die Begeisterung für den Markenprozess zwar verstehen. "Die Firma war mitreißend", sagte er. "Aber wem nützt das Ganze?" Nach reiflicher Überlegung sei er zu dem Schluss gekommen, dass das Würmtal ein extrem teurer Standort ist. Es gebe keine Leerstände weder bei Wohnungen noch für Firmen. Das Resultat einer solchen Marke wäre lediglich, dass die Region noch teurer würde und dann gäbe es hier noch mehr Verlierer - vor allem unter den Einheimischen, die sich das Leben hier nicht mehr leisten können, fürchtete Heidrich. Auch Borsts CSU-Kollege Hans Wechner konnte sich nicht wirklich für den angestrebten Markenprozess erwärmen: "Wir sind keine strukturschwache Region, wir haben hier eine gewisse Eigendynamik und müssen diese nicht auch noch befeuern", sagte er. Es sei schwierig genug, auf die Firmen einzugehen, die sich erweitern wollen, denn Krailling habe einfach nicht genug Fläche. Deshalb sei ein solcher Markenprozess kontraproduktiv.

Einige stießen sich auch an den Attributen, die für das Würmtal stehen sollen: erstklassig, geistreich und stolz. "Damit kann ich mich nicht identifizieren. Das wirkt arrogant", sagte Imme Kaiser (Grüne). Auch Martin Hoffmann (SPD) war sich sicher, dass jeder denke, "wir sind verrückt geworden, wenn wir das vor uns hertragen". Freyer-Zacherl erinnerte: "Wir sagen, wir wollen ländlich bleiben, ein Dorf vor den Toren Münchens. Mit einer solchen Marke die über die Grenzen hinaus getragen wird, bewirken wir das Gegenteil", warnte sie.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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